Starke Frauen überzeugen zur Halbzeit in Cannes
CANNES (dpa) Große Namen sind noch lange kein Garant für großes Kino. Das zeigte sich am Wochenende beim Filmfestival Cannes, bei dem unter anderem die neuen Werke von Sean Penn und Paul Verhoeven ihre Premieren feierten. Ein so verheerendes Buh-Konzert wie bei seiner letzten Cannes-Premiere erlebte Penn nicht. Dennoch gab es andere Filme, die in der ersten Festival-Halbzeit mehr überzeugten.
Penn stellte dort am Samstagabend „Flag Day“vor. Dafür drehte er nicht nur mit Josh Brolin, sondern auch mit seiner Tochter Dylan Penn. Die beiden spielen Vater und Tochter, ihre Beziehung ist von zahlreichen Enttäuschungen und Verletzungen geprägt. So viel Drama und Emotionen diese Geschichte auch ausmachen: Penn bemüht sich um eine angestrengt-kunstvolle Inszenierung, während seine Story dünn und die Dialoge holprig bleiben. In der ersten Pressevorführung verursachte das mehr unfreiwillige Lacher als wirklichen Applaus.
Umso beeindruckender waren die Werke, die das Publikum mitrissen und begeisterten. Spannenderweise waren das in den ersten Festivaltagen
vor allem Filme von oder mit Frauen – das ist gerade in Cannes erwähnenswert, wo seit Jahren über eine Frauenquote debattiert wird und auch in diesem Jahrgang nur bei vier von 24 Wettbewerbsbeiträgen eine Frau Regie führte.
Dazu gehört „La Fracture“von der Französin Catherine Corsini. Als in Paris die Proteste der Gelbwesten gegen die Regierung eskalieren, kommen immer mehr Verletzte in die Notaufnahme einer Klinik. Die 65 Jahre alte Corsini erzählt von chronisch unterbesetzten Pflegeteams, einem maroden Gesundheitssystem und dem Kampf um angemessene Bezahlung. Im Mittelpunkt allerdings steht Raf (Valeria Bruni Tedeschi), die nach einem Streit mit ihrer Lebensgefährtin und einem Armbruch ebenfalls im Krankenhaus landet. Bruni Tedeschi, die Schwester von Carla Bruni, spielt diese Rolle mit einer solchen Intensität, mit so viel Spaß und so einer Schnoddrigkeit, dass sie schon jetzt als Favoritin für eine Auszeichnung gilt – wenn nicht „The Divide“selbst, wie der Film auf Englisch heißt, mit einem der Hauptpreise geehrt werden sollte.