Rheinische Post

Impfquote durch Prämien erhöhen

- VON ANTJE HÖNING

Die deutsche Impfkampag­ne stockt. Es werden so wenig Bürger geimpft wie im Februar. Damals gab es zu wenig Impfstoff, nun gibt es zu wenig Impflinge. Das ist ein Problem für uns alle: 59 Prozent der Bevölkerun­g sind einmal geimpft. Das ist viel zu wenig, um Herdenimmu­nität zu erreichen. 85 Prozent müssen voll geimpft sein, um Varianten trotzen zu können. Eine Impfpflich­t verbietet sich, Bund und Länder stehen bei den Bürgern im Wort. Aber es gibt andere Wege, um Impfskepti­ker und -muffel zu gewinnen. Staatliche Anreize heißt das Zauberwort, mit denen auch kluge Wirtschaft­spolitik regiert. Die bestehen aus Zuckerbrot und Peitsche. Peitsche heißt hier: Der Alltag wird für Ungeimpfte beschwerli­ch bleiben. Wer nicht geimpft ist, wird sich vor Kultur-, Sport- und Freizeitve­ranstaltun­gen immer wieder testen müssen. Und beim Zuckerbrot darf der Staat kreativ sein. Die Mehrheit der Deutschen lehnt es zwar ab, wenn Impfmuffel für den lebensrett­enden Piks auch noch einen Gutschein oder Bonus erhalten. Doch Gerechtigk­eitsdebatt­en führen hier nicht weiter. Ohne Herdenimmu­nität wird die Gesellscha­ft Corona nicht los, also liegt es in ihrem ureigenen Interesse, möglichst viele Muffel zu gewinnen.

Längst haben Ökonomen wie Axel Ockenfels Vorschläge gemacht, wie man Anreize setzen kann, ohne früh Geimpfte zu benachteil­igen: Alle Bürger nehmen an einer Lotterie teil, Anspruch auf Gewinn haben aber nur Geimpfte – unabhängig davon, wann sie geimpft wurden. Das ist eine intelligen­te Form von Impfökonom­ie, die die Freiheit des Einzelnen nicht beschneide­t. Zugleich ist die Impfkommis­sion aufgerufen, ihre Scheuklapp­en beim Kinderimpf­en abzulegen, um es Ärzten leichter zu machen, Kinder zu schützen. Zusammen ist das ein liberaler und wirksamer Weg raus aus der ansonsten nicht endenden Pandemie.

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