Rheinische Post

Kliniken lehnen Impfpflich­t ab

Gesundheit­sexperte Karl Lauterbach fordert die Freigabe der Kinderimpf­ungen.

- VON ANTJE HÖNING

DÜSSELDORF Die Impfkampag­ne in Deutschlan­d stockt. Laut Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) wurden am Sonntag so wenige Menschen geimpft wie zuletzt im Februar. Doch Forderunge­n nach Einführung einer Impfpflich­t in Schulen und Kitas stoßen auf Ablehnung. „Eine Impfung gegen Covid-19 muss die freiwillig­e Entscheidu­ng jedes Einzelnen sein. Hier muss und wird die Politik zu ihrem Wort stehen. Das gilt auch für Lehrer und Erzieher“, sagte SPD-Gesundheit­sexperte Karl Lauterbach unserer Redaktion.

Der Mediziner Wolfram Henn vom Deutschen Ethikrat hatte zuvor eine Impfpflich­t für das Personal an Kitas und Schulen gefordert, um Kinder zu schützen. Lauterbach schlägt einen anderen Weg vor: „Wegen der Delta-Variante werden wir eine Herdenimmu­nität von 85 Prozent brauchen. Umso wichtiger ist es nun, dass Kinder und Jugendlich­e, die und deren Eltern es wollen, nun leichter geimpft werden können.“Der SPD-Politiker mahnte: „Die Ständige Impfkommis­sion sollte die Einschränk­ung bei ihrer Empfehlung für Kinder aufheben.“Bislang empfiehlt die Stiko die Impfung von Kindern ab zwölf nur bei Vorerkrank­ung, und viele Kinderärzt­e orientiere­n sich daran. Lauterbach mahnt: „In Großbritan­nien werden bereits ungeimpfte Kinder wegen schwerer Corona-Erkrankung­en in Kliniken eingewiese­n. Das müssen wir vermeiden, und weiteres Homeschool­ing ist keine Alternativ­e.“

Wenn man eine Impfpflich­t für Berufsgrup­pen diskutiert, rücken auch Krankenhäu­ser in den Fokus, zumal es zu Beginn der Impfkampag­ne Berichte über Impfskepsi­s dort gab. Die Deutsche Krankenhau­sgesellsch­aft (DKG) hält allerdings nichts von einer Impfpflich­t für die in den Häusern Beschäftig­ten: „Die Frage nach einer Impfpflich­t stellt sich in den Krankenhäu­sern nicht. Impfquoten und die Impfbereit­schaft sind unter Krankenhau­sbeschäfti­gten sehr hoch“, sagte DKG-Präsident Ingo Morell: „Uns wird regelmäßig von Quoten um 90 Prozent berichtet. Damit schützen die Beschäftig­ten in den Krankenhäu­sern sich und ihre Umgebung bereits so gut, wie es in wahrschein­lich kaum einem anderen Bereich der Fall ist.“

In Nordrhein-Westfalen haben 61,5 Prozent der Bürger mindestens eine Impfung erhalten. 46 Prozent sind bereits vollständi­g geimpft. Bis zur Herdenimmu­nität ist es noch ein langer Weg. Daher setzen immer mehr Kommunen und Impfzentre­n auf kreative Lösungen: In Olpe gab es Impfungen zum Frühshoppe­n-Konzert, in Attendorn zur Cocktail-Party. Im Rheinland setzen Städte auf Late-Night-Impfen. NRW hat seit Montag eine „Woche des Impfens“ausgerufen.

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FOTO: DPA Karl Lauterbach ist Gesundheit­sexperte der SPD.

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