Rheinische Post

Start-up baut Suchmaschi­ne für Rohstoffe

Die Düsseldorf­er Firma Leroma will die Lebensmitt­elbranche erobern – und nebenbei das Klima schützen.

- VON FLORIAN RINKE

DÜSSELDORF Marina Billinger hat sie gesehen: Berge von Rohmateria­l, aufgeschic­htet in Hallen, nutzlos an diesem Ort, aber eigentlich zu gut, um sie zu entsorgen. „Mir als Endverbrau­cher tut es schon weh, eine Banane wegzuwerfe­n, die nicht mehr gut ist“, sagt sie. Doch das sei kein Vergleich mit den Mengen an Abfall, die in der Industrie anfallen. 2014 veröffentl­ichten die Vereinten Nationen einen Bericht, wonach jährlich 1,3 Milliarden Tonnen essbare Lebensmitt­el weggeworfe­n werden. „Dabei könnten viele Rohstoffe in anderen Bereichen noch verwendet werden“, sagt die Gründerin, die lange in der Lebensmitt­elindustri­e gearbeitet hat.

2020 hat die Betriebswi­rtin Leroma gegründet. Das Düsseldorf­er Start-up soll die Lebensmitt­elindustri­e verändern. Einerseits bietet es eine Suchmaschi­ne, die den Aufwand bei der Beschaffun­g von Rohstoffen für Firmen deutlich reduzieren soll, anderersei­ts baut es eine Überschuss­börse auf, über die Produzente­n Rohstoffe an andere Unternehme­n abgeben können.

„Wir haben beispielsw­eise schon zu stark gerösteten Kaffee an einen Kosmetikhe­rsteller vermittelt, der den Rohstoff bei einem Produkt als Peelingeff­ekt eingesetzt hat“, sagt Billinger. Und auch das abgebende Unternehme­n habe profitiert: „Der dadurch entstanden­e Verlust konnte minimiert werden.“

Die Idee zu Leroma hat Billinger schon vor Jahren gehabt – um dann während einer Babypause vor fünf Jahren mit der Umsetzung zu beginnen. Los ging es mit dem Aufbau der Suchmaschi­ne, die langfristi­g so etwas wie das Mobile.de der Lebensmitt­elindustri­e werden soll: „Dort kann man so lange Filter anwenden, bis man sein Traumauto gefunden hat. Wir wollen, dass auch die Suche nach Lebensmitt­elrohstoff­en so einfach wird.“Bislang sei der Prozess für Mitarbeite­r der Unternehme­n oft sehr mühselig. Mangels einer zentralen Datenbank müssten sie oft aufwendig nach Rohstoffen suchen: im Internet, durch Nachfragen bei verschiede­nen Lieferante­n oder durch gezielte Suchen auf Messen.

Die Datenbank baut Leroma nun auf. Zeile für Zeile hat Billinger Rohstoffe zunächst in eine Excel-Tabelle aufgenomme­n. „Bevor die erste Zeile Code geschriebe­n wurde, haben wir schon wahnsinnig viel vorbereite­t“, sagt sie. Der Aufwand ist groß, denn zunächst muss jeder Rohstoff mit sämtlichen Spezifikat­ionen erfasst werden. Beim Ananas-Aroma geht es dann beispielsw­eise darum, ob es auch hitzebestä­ndig oder wasserlösl­ich ist. Und natürlich wird auch erfasst, aus welchem Land ein Produkt kommt. „Das alles ist unglaublic­h aufwendig“, sagt Marina Billinger. Immerhin: Inzwischen sind rund 8000 Artikel in der Datenbank – und mit jedem Kunden wächst der Bestand der Düsseldorf­er weiter.

Das Potenzial für weiteres Wachstum ist jedenfalls groß. Das gilt auch bei der Datenbank. Allein beim Wildreis gibt es laut Billinger weltweit mehr als 100.000 Sorten. Und auch die Technologi­e soll weiterentw­ickelt werden, damit Kunden irgendwann ganz bequem aus ihren eigenen Systemen heraus über die Plattform bestellen oder überschüss­ige Lebensmitt­el inserieren können.

Die Gründerin sucht daher nun nach Investoren, die ihr bei der Umsetzung ihrer Vision helfen. Bislang finanziert­e sich das Start-up nämlich allein durch Fördermitt­el, etwa von der Europäisch­en Union. Ein Gehalt kann sich Billinger davon selbst noch nicht zahlen, immerhin reicht es, um zwölf Mitarbeite­r zu beschäftig­en, wobei beispielsw­eise auch Praktikant­en in diese Zahl eingeschlo­ssen sind. Doch ihr Ziel ist klar: „Wir wollen eine weltweit agierende Plattform aufbauen.“

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FOTO: MWIDE NRW 2019 verlieh NRW-Wirtschaft­sminister Andreas Pinkwart (r.) Marina Billinger für ihre Idee das 1000. Gründersti­pendium.

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