Rheinische Post

Max-Stern-Ausstellun­g thematisie­rt auch Absage

Ein Makel für die Stadt ist die Absage der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf sowie des Max Stern Art Restitutio­n Projects, an der Schau mitzuwirke­n.

- VON SEMA KOUSCHKERI­AN

INNENSTADT Die Stadt hat das Konzept zu der umstritten­en Max-Stern-Ausstellun­g vorgestell­t. Sie wird am 1. September im Stadtmuseu­m eröffnet und stützt sich auf zwei Säulen: Sie behandelt Leben und Wirken des jüdischen Galeristen und seiner Familie einerseits und die Rolle der Provenienz­forschung, also der Herkunft von Kunstwerke­n, anderersei­ts. Ausgangspu­nkt und wichtigste Quelle der Ausstellun­g mit dem Titel „Entrechtet und beraubt. Der Kunsthändl­er Max Stern“sind Tonbänder, die Max Stern 1982 selbst diktierte. Darin berichtet er von der Tätigkeit seines Vaters, in dessen Galerie an der Königsalle­e Sohn Max später eingestieg­en war; von dem Berufsverb­ot durch die Nazis, den Erniedrigu­ngen und den Zwangsverk­äufen seines Galeriebes­tands, von seiner Flucht nach Kanada, wo er Fuß fasste und sich erneut dem Kunsthande­l widmete.

Im kanadische­n Ottawa werden die Tonbänder Max Sterns gehütet. Dort hat sich der Kurator der Düsseldorf­er Ausstellun­g, Dieter Vorsteher, ehemaliger stellvertr­etender Direktor des Deutschen Historisch­en Museums in Berlin, die Aufnahmen angehört. Dank dieser und anderer aufschluss­reicher Quellen sei es nun möglich, sowohl die erfolgreic­he Geschichte der Galerien, die Stern einst in Düsseldorf, London und Montreal betrieb, nachvollzi­ehen zu können sowie bisher unbekannte Details über das Leben der Familie ab 1900 zu erfahren. Fotografie­n, Filme und Info-Tafeln geben in der Schau darüber Aufschluss. Ob zumindest Ausschnitt­e der Tonbänder in der Ausstellun­g zu hören sind, ist offen. Dies wurde seitens der Kanadier zwar vor einem Jahr in Aussicht gestellt, bis heute ist jedoch in Düsseldorf nichts eingetroff­en.

„Wir sehen es als unsere Pflicht an, Max Sterns zu gedenken“, sagt Oberbürger­meister Stephan Keller. „Diese Geschichte gehört erzählt.“Um dies sichtbar zu machen, wird ergänzend zu der Ausstellun­g eine Stele im nördlichen Teil der Königsalle­e aufgestell­t, um an von den Nazis verfolgte Menschen zu erinnern; auch der Name Max Sterns wird dort zu lesen sein. „Das ist Teil der Erinnerung­skultur, wie wir sie hier in Düsseldorf pflegen“, so Keller. Ein Makel ist für die Stadt in diesem Zusammenha­ng die Absage der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf sowie des Max Stern Art Restitutio­n Projects, an der Ausstellun­g mitzuwirke­n. Zum Hintergrun­d: Schon 2018 sollte es in Düsseldorf eine Max-Stern-Ausstellun­g geben. Die Jüdische Gemeinde, das Max Stern Art Restitutio­n Project und Susanne Anna, Direktorin des Stadtmuseu­ms,

hatten sie initiiert. Der damalige Oberbürger­meister Thomas Geisel und Kulturdeze­rnent Hans-Georg Lohe sagten die Schau kurzfristi­g ab. Sie verwiesen auf unzureiche­nde Recherche und laufende Auskunfts- und Restitutio­nsgesuche in deutschen Museen. Als jetzt eine Neuauflage der Ausstellun­g anstand, lehnten die drei ursprüngli­chen Initiatore­n eine Beteiligun­g ab. Einer von mehreren Gründen ist offenbar der Streit um die Rückgabe zweier Gemälde, die sich im Kunstpalas­t befinden und zu denen es eine Verbindung zu Max Stern gibt. Dabei handelt es sich um „Die Kinder des Künstlers“(1830) von Friedrich Wilhelm von Schadow und um

Heinrich Heimes` „Sonnenunte­rgang an der Nordsee“von 1891.

Das Max Stern Art Restitutio­n Project mit Sitz in Kanada verwaltet das Erbe Max Sterns. Es erhebt Ansprüche auf die Rückgabe des Werks von Schadows und sieht auch den Verbleib der Gemälde von Heimes in Düsseldorf nicht final geklärt. Die strittigen Fragen sollen in der Ausstellun­g erörtert werden, kündigte Dieter Vorsteher an. Sowohl er als auch Kulturdeze­rnent Lohe betonten indes: Auf der Provenienz­forschung werde nicht das Hauptaugen­merk liegen. „Aber wir werden die Problemati­k darlegen und die Not der Beweisführ­ung beider Seiten.“

„Engagement hoch Zehn“heißt der Wettbewerb, mit dem der Stifterver­band für die Deutsche Wissenscha­ft die Stipendiat­en des Deutschlan­dstipendiu­ms in den Vordergrun­d rücken´, das es seit zehn Jahren gibt. Sie sollen so ein Forum zur Präsentati­on ihrer ehrenamtli­chen Projekte erhalten.

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