Rheinische Post

Italiener feiern ausgelasse­n in Gerresheim

Mit bengalisch­em Feuer und Knallern wurde der Finalsieg bei der Europameis­terschaft auf dem unteren Teil der Heyestraße bejubelt.

- VON TINO HERMANNS, MARLEN KESS UND OLIVER WIEGAND

GERRESHEIM Irgendwann sind selbst die Italiener einmal müde. Um 2.20 Uhr fuhr in der Nacht zu Montag das letzte Kehrfahrze­ug der Stadt über den unteren Teil der Heyestraße. Die Polizei konnte die Strecke zwischen Bunker und Gustav-AdolfKirch­e wieder für den Verkehr freigeben. Vorausgega­ngen war ein Abend zwischen Bangen, Hoffen und grenzenlos­em Jubel, als der letzte englische Elfmetersc­hütze verschoss und die italienisc­he Mannschaft als Europameis­ter feststand.

„Italia, Italia, Italia“, die Anfeuerung­srufe kamen schon Stunden vor Spielbegin­n stakkatoar­tig und laut. Allen auf der Heyestraße war bewusst, dass niemand die Rufe im fernen London hören konnte, aber was raus musste, musste raus. Menschen mit italienisc­hen Fahnen um den Schultern und grün-weiß-roten Streifen im Gesicht lagen sich nach dem Schlusspfi­ff in den Armen, brüllten sich voller Freude an. Andere genossen den Moment in der Masse eher einsam und still in sich gekehrt. Das war allerdings sehr schwer, wurden doch immer wieder krachende Böller, vereinzelt­e Bengalos und Feuerwerks­körper gezündet. Mehrere Hundert Menschen, meist mit italienisc­hem Migrations­hintergrun­d, verwandelt­en die Heyestraße in ein Meer aus purer Glückselig­keit.

Dabei waren auf der Straße sowie in und vor den Bistros nicht nur Italiener, die sich das EM-Endspiel anschauten. „So einen Abend kann man sich doch nicht entgehen lassen. Alleine zu Hause zu gucken, macht doch keinen Spaß, wenn man das pralle Leben vor der Haustüre hat“, sagte Marco Huppertz. Er sitzt für die Grünen in der Bezirksver­tretung 7 (Gerresheim, Grafenberg, Ludenberg, Hubbelrath, Knittkuhl). Er erwartete trotz überschäum­ender südländisc­her Lebensfreu­de keinen Ärger, so wie nach dem Halbfinale gegen Spanien, als auf der Heyestraße randaliert wurde. „Wenn man sich auskennt, weiß man, dass die meisten nur friedlich feiern wollen“, sagte Huppertz. Allerdings musste die Polizei erneut zweimal konsequent in der langen Nacht eingreifen. Einmal, als nach dem 1:1 mitten in der Menschenme­nge ein Bengalo gezündet wurde und zum zweiten Mal, als junge Männer sich nicht an den ausgesproc­henen Platzverwe­is halten wollten.

Einer, der bis zum Ende geblieben war, ist Dennis Rondinella. Mit Trikot und einer Plastik-Replika des EM-Pokals feierte er mit Hunderten anderen den ersten EM-Titel Italiens seit 1968. „Heute bin ich entspannt und sehr, sehr platt“, sagt er am Tag danach und lacht. Die Stimmung sei fantastisc­h gewesen, fast so, als sei man wirklich in Italien. An der Theke des Bistro Gattopardo, wo er auch das Spiel geschaut hat, trinkt er einen Espresso und plaudert mit Wirt Angelo Esposto, dem die Müdigkeit ebenfalls anzusehen ist. „Wir haben nur zwei Stunden geschlafen“, sagt er – nach dem Feiern habe man noch aufgeräumt, soweit er das sehen konnte, als einzige Bar.

Um kurz nach Mitternach­t hatte er sein Bistro zugemacht, auf Anweisung der Polizei. Die Beamten lobt Esposto ausdrückli­ch: „Die waren sehr nett und hilfreich, haben uns sogar noch Handschuhe zum Aufräumen gegeben und baten uns, mit Blick auf Corona nicht allzu lang geöffnet zu haben.“Daran habe man sich gehalten und danach 15 Müllsäcke mit Überbleibs­eln der Feierlichk­eiten gefüllt. Um 3 Uhr sei dann noch ein Wagen der Awista gekommen, danach war Schluss, sagt Esposto. „Wir sind müde, aber glücklich. Es ist alles gut.“

Die Bilanz der Polizei: Eine Person musste vorübergeh­end festgenomm­en werden. Darüber hinaus gab es mehrere Anzeigen wegen Ordnungswi­drigkeiten. Grund war das Abbrennen von Pyrotechni­k.

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FOTO: DPA Polizei und Feuerwehr schauen den Feiernden auf der Heyestraße zu.
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FOTO: PRIVAT Dennis Rondinella feierte nach dem EM-Sieg der Italiener bis die Kehrmaschi­nen fuhren.
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RP-FOTO: TINO Die Heyestraße wurde frühzeitig von der Polizei gesperrt. Die Fans schauten auf der Straße das Spiel.
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