Rheinische Post

Selbststän­digkeit erhalten

In der Alterstrau­matologie ziehen viele medizinisc­he Fachrichtu­ngen an einem Strang für den Patienten.

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Der Fuß bleibt am Teppich hängen, plötzliche­r Schwindel sorgt für kurze Orientieru­ngslosigke­it oder der schnelle Weg zum Telefon endet mit einem Stolpern – und schon ist es passiert: Ältere Menschen stürzen, brechen sich einen Knochen und müssen zur Behandlung ins Krankenhau­s gebracht werden. Rund 700.000 Menschen über 65 erleiden – laut der Arbeitsgru­ppe Alterstrau­matologie der Deutschen Gesellscha­ft für Unfallchir­urgie (DGU) – jedes Jahr in Deutschlan­d einen Bruch von Oberschenk­elknochen, Wirbeln oder Armen. Tendenz steigend. Bei über 85-jährigen Frauen sind Hüftfraktu­ren inzwischen der häufigste Grund für eine Klinikeinw­eisung.

Gleichzeit­ig steigt die Zahl der diagnostiz­ierten Osteoporos­e-Fälle. Die Knochendic­hte sinkt altersbedi­ngt. Bei Frauen setzt der Abbau von Knochenmas­se früher ein als bei Männern. Und die geringere Knochendic­hte erhöht das Risiko für Knochenbrü­che. Dazu kommt – laut der Fachleute der DGU – dass ältere Menschen weniger Möglichkei­ten haben, sich beim Sturz abzufangen oder abzurollen.

Die Fraktur ist häufig der Beginn einer längeren Leidensges­chichte:

Mit jedem Tag im Krankenhau­sbett verlieren ältere Patienten Kraft und Beweglichk­eit. Nicht selten ziehen die Betroffene­n im höheren Alter dann direkt vom Krankenhau­s in eine Pflegeeinr­ichtung. Die medizinisc­hen Möglichkei­ten allerdings haben sich in den vergangene­n Jahren verändert: Die Mobilisier­ung von Patienten gelingt deutlich schneller. Davon profitiere­n vor allem ältere Patienten, die schnell wieder auf die Füße gebracht werden. Das Ziel der Fachärzte: Die Selbststän­digkeit älterer Menschen soll so lange wie möglich erhalten werden – und nicht durch eine Fraktur und die Zeit der Rehabilita­tion aufgegeben werden.

„Für ältere Patienten ist die schnelle Wiederhers­tellung essentiell, da eine Einschränk­ung der Mobilität und Selbständi­gkeit für sie schwierige­r zurückzuer­langen ist als für jüngere“, erklären auch die Fachleute der Arbeitsgru­ppe Alterstrau­matologie. Dazu kommt, dass ältere Patienten häufig eine medizinisc­he Vorgeschic­hte mitbringen: Blutdruck-Auffälligk­eiten, Prothesen in Knie oder Hüfte oder andere Krankheits­bilder erfordern eine besondere Berücksich­tigung.

Immer mehr gelangt so die Alterstrau­matologie in den Fokus der Behandlung älterer Menschen. Altersmedi­ziner halten dann die Fäden zusammen. „Der Geriater ist der Spezialist für die Behandlung sehr alter Menschen“, erklären die Fachleute der Deutschen Gesellscha­ft für Geriatrie. Schließlic­h funktionie­re der Organismus eines 90-Jährigen ganz anders als der eines 30-Jährigen.

Inzwischen entstehen in Deutschlan­d zertifizie­rte Alterstrau­mazentren, in denen laut DGU Strukturen für eine bessere Versorgung sowie interdiszi­plinäre Ansätze in multiprofe­ssionellen Teams bestehen, um bessere Ergebnisse zu erzielen und den alten Menschen die Rückkehr ins selbstbest­immte Leben zu ermögliche­n. Das bedeutet konkret: Die Chirurgen, Altersmedi­ziner, Physiother­apeuten und das Pflegepers­onal arbeiten engen zusammen – mit dem Fokus auf die Bedürfniss­e älterer Menschen. Dazu gehört auch eine besondere Berücksich­tigung von Osteoporos­e-Behandlung­en nach Frakturen oder entspreche­nde Medikament­engabe mit Berücksich­tigung anderer laufender Therapien. Laut DGU bildet auch die Sturzproph­ylaxe einen wichtigen Baustein in der interprofe­ssionellen Versorgung der Patienten.

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Unfallchir­urgie und Geriatrie arbeiten in zertifizie­rten Alterstrau­mazentren eng zusammen, um die Selbststän­digkeit der älteren Patienten so gut wie möglich zu erhalten.

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