Spahn erwartet „traurigen Höhepunkt“der Corona-Krise
Bei seinem wohl letzten Auftritt mit RKI-Chef Wieler zeigt sich der Minister skeptisch: Es gebe einige hohe Hürden, um die vierte Welle zu brechen.
BERLIN Der scheidende Bundesgesundheitsminister hat bei einem seiner letzten Auftritte eine konsequente Umsetzung der Corona-Beschlüsse von Bund und Ländern gefordert. Hier die Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Wie bewertet das Robert-Koch-Institut (RKI) die aktuelle Lage?
Der weitere Verlauf der vierten Corona-Welle und der Pandemie insgesamt ist nach Ansicht von RKI-Chef Lothar Wieler kaum vorherzusehen. Die bestehenden Maßnahmen müssten konsequent und vor allem auch langfristig umgesetzt werden, betonte Wieler am Freitag in Berlin. Es sei angesichts leicht sinkender Zahlen in manchen Regionen viel zu früh, von einer Trendumkehr zu sprechen oder mildere Maßnahmen
zu fordern: „Wir dürfen halt die nächsten Monate nicht nachlassen“, sagte er. Je früher man eingreife, desto stärker seien die Auswirkungen. „Wir haben keine Zeit zu verlieren, keinen einzigen Tag“, so Wieler. Mit Blick auf die weitere Entwicklung nach den am Donnerstag von Bund und Ländern beschlossenen schärferen Schutzmaßnahmen rechnet Wieler mit ersten Effekten in etwa zwei Wochen. Die Inzidenzen müssten aber dauerhaft gesenkt werden, mahnte er.
Mit welcher Entwicklung rechnet Gesundheitsminister Jens Spahn?
Der CDU-Politiker geht von weiter steigenden Patientenzahlen auf den Intensivstationen aus. Spahn sagte bei seiner voraussichtlich letzten Pressekonferenz mit RKI-Chef Wieler vor dem Regierungswechsel in der kommenden Woche: Selbst
wenn die von Bund und Ländern beschlossenen zusätzlichen Maßnahmen schon morgen volle Wirkung zeigten, würden Klinikbelastungen weiter ansteigen. Deutschland werde
die Zahl von mehr als 5000 Corona-Patienten auf den Intensivstationen deutlich übersteigen. Die Lage werde „rund um Weihnachten ihren traurigen Höhepunkt erreichen“.
Welche Sofortmaßnahmen werden jetzt ergriffen?
Beschlossen wurden Zuschauerbegrenzungen bei Großveranstaltungen und umfassende Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte. Ihnen wird auch der Zutritt zu den meisten Geschäften verwehrt. „Wir hätten viel früher diese Konsequenz im Umgang mit ungeimpften Bürgerinnen und Bürgern an den Tag legen müssen. Denn sie treffen ihre Entscheidung, sich nicht impfen zu lassen, eben nicht nur mit Folgen für sich,“so Spahn.
Was soll zusätzlich eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes möglich werden?
Im Beschlusspapier von Bund und Ländern ist eine Anpassung des Infektionsschutzgesetzes vorgesehen, die insbesondere in Hotspot-Regionen beispielsweise zeitlich befristete Schließungen von Gaststätten ermöglichen soll: Auch das Verbot des Alkoholkonsums oder Einschränkungen bei Hotelübernachtungen könnten kommen.
Wann ist mit einer Anpassung des Infektionsschutzgesetzes zu rechnen?
Möglich wäre, dass der Bundestag bereits in der kommenden Woche die Änderungen verabschieden könnte. Ob der Bundesrat im Anschluss am 10. Dezember eine Sondersitzung abhält, um die Anpassungen zu verabschieden, war an diesem Freitag noch offen.
Wie geht es mit den Impfungen voran?
Nach Angaben von Spahn ist genug Impfstoff für 30 Millionen Auffrischungsimpfungen bis Weihnachten vorhanden. „Wenn wir all diese Impfdosen auch verimpfen, dann machten wir uns selbst das größte Weihnachtsgeschenk“, sagte Spahn.