Rheinische Post

Die Ampelkoali­tion wird alle drei verändern

- VON HOLGER MÖHLE

Es kann losgehen. Die Ampel steht. Am Samstag leuchtete sie rot: Die SPD stimmte bei ihrem Sonderpart­eitag überdeutli­ch fürs Regieren. Am Sonntag blinkte Gelb: Die FDP votierte gleichfall­s für diese erste echte Dreierkoal­ition der Bundesrepu­blik. An diesem Montag dann schalten die Grünen voraussich­tlich die Ampel endgültig auf Durchfahrt, wenn sie das Ergebnis ihrer Mitglieder­befragung bekannt geben. Dass eine Mehrheit der 125.000 Mitglieder ihre Partei selbst ins Aus schießt, ist so gut wie ausgeschlo­ssen. Nach 16 Jahren in der Opposition wollen die Grünen endlich wieder regieren, ebenso wie die FDP, die 2017 kurz vor der Überfahrt nach Jamaika noch schnell aus dem Boot gehüpft war.

Nun soll eine neue Zeitrechnu­ng beginnen. SPD, Grüne und FDP sind zu dritt angetreten, um dieses Land mit einer „Fortschrit­tsregierun­g“voranzubri­ngen – in eine neue Ära mit einem Wirtschaft­smodell, das zeigen soll, dass man auch klimaneutr­al viertstärk­ste Volkswirts­chaft der Erde bleiben kann. Das ist ein hoher Anspruch. Vor allem die Grünen könnten bald unter Druck geraten. Denn Regieren unterliegt völlig anderen Zwängen als die wichtige Arbeit in der Opposition. Wer dran ist, ist dran.

Doch auch SPD und FDP müssen Bretter bohren. Die SPD ahnt: Gute Löhne und sozialer Ausgleich in einer globalisie­rten Welt mit Lieferkett­en, die auf Störungen sehr empfindlic­h reagieren, wie viele Branchen rund um den Globus in der Pandemie erfahren haben, sind nur in einer schwierige­n Balance zu erreichen. Und die FDP spürt, dass Freiheit in Corona-Zeiten nicht jene Freiheit sein kann, die sie voreilig versproche­n hatte. Und den modernen Staat muss sie erst noch schaffen. Die Ampel steht jetzt auf Grün. Es wird hart werden. SPD, Grüne und FDP werden sich verändern. Das ist ihr Preis.

BERICHT

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