Rheinische Post

Weihnachts­klingen statt Weihnachts­singen

Mehr als 1000 Zuschauer kamen am Sonntag in die Tonhalle, aber mitsingen durften sie aufgrund der Coronalage nicht.

- VON CHRISTOPH SCHROETER

DÜSSELDORF Gut eine Stunde von Charles Dickens' „A Christmal Carol“war verstriche­n, da wurde es unter den hunderten Grund- und Vorschulki­ndern in der Tonhalle unruhig: Weihnachts­griesgram Ebenezer Scrooge hatte seine nächtliche Erscheinun­g, die drei Geister der Weihnacht versuchten ihn auf den rechten Weg zu weisen. Das untermalte das Jugendsinf­onieorches­ter der Tonhalle Düsseldorf mit dramatisch­er Musik. Da hüpften die Kinder von ihren Sitzen, einige kuschelten sich an die Oma oder den Papa. Sicher ist sicher. Doch am Ende ging alles gut aus.

Die Verantwort­lichen der Tonhalle hatten sich gefragt: „Wie kann und darf man überhaupt noch in großer Gemeinscha­ft den Advent musikalisc­h feiern?“Ein Ergebnis der Überlegung­en: Aus dem „Weihnachts­singen“wurde ein „Weihnachts­klingen“. Zunächst wurden am Eingang 2G-konform alle Impfnachwe­ise und Ausweise genau kontrollie­rt. Im Innern wurde es dann teilweise etwas wuselig, etwa an der Garderobe. Die gewünschte­n 1,50 Meter Abstand waren dort eher Wunschdenk­en.

Einer mit ihren Enkeln angereiste­n Großmutter war es dann auch etwas mulmig zumute. „Die vielen kleinen Kinder könnten das Virus verteilen, geimpft sind die ja nicht.“Aber das Erlebnis mit ihren Enkeln habe sie sich dann doch nicht entgehen lassen wollen. Sie hatte sich extra eine besonders dichte FFP3Maske besorgt, mit Ventil. „So lässt es sich dahinter einigermaß­en aushalten.“

Bis Freitag habe man rund 1100 Tickets für die Veranstalt­ung verkauft, sagte Tonhallens­precherin Marita Ingenhoven. „Ein paar dürften bis Sonntag noch dazugekomm­en sein, es waren noch einige Reservieru­ngen offen.“Beim Thema Coronaschu­tz habe man sich in einer Grauzone befunden, sagte Ingenhoven.

In der seit Samstag gültigen Coronaschu­tzverordnu­ng stehe zum Thema Gesang und Chorproben nichts. „In einer früheren Verordnung ist das mal ganz explizit geregelt gewesen.“

Tatsächlic­h kam die Aufführung dann ganz ohne Chor aus. „Das haben unsere Konzertpäd­agoginnen von Anfang an so konzipiert, dass es auch ohne gemeinsame­s Singen funktionie­rt“, sagte Ingenhoven. Gut umgesetzt wurde das von dem

Kölner Henrik Albrecht komponiert­e Orchesterh­örspiel vom Jugendsinf­onieorches­ter unter Leitung von Dirigent Ernst von Marschall und drei Mitglieder­n des Theaters Kontra-Punkt: Frank Schulz schlüpfte in die Rolle des kaltherzig­en Ebenezer Scrooge, Annette Bieker stellte sich ihm als seine warmherzig­e, verschmitz­t zwinkernde Nichte gegenüber und Alexander Steindorf mimte Scrooges unterbezah­lten Angestellt­en Bob Cratchit.

Um die Kinder im Publikum mit einzubezie­hen, wurde eine Wichtelakt­ion ins Leben gerufen. Mehr als 600 Düsseldorf­er Grundschul­kinder hatten im Vorfeld für das TonhallenP­ublikum klingende Geschenke gebastelt. Diese Glöckchen, Klangstäbe und Schellen durfte die Kinder - und einige Erwachsene - dann einsetzen, um die Turmuhr im Stück eins, zwei und drei schlagen zu lassen. Eine gute Idee, wie sich zeigte, denn dadurch wurden viele der jungen

Besucher wieder aufmerksam, für die das knapp anderthalb Stunden dauernde Stück dann doch etwas zu lang gewesen wäre.

Viele im Publikum hatten es schon geahnt – schließlic­h wurde das Stück von Charles Dickens bereits 1843 veröffentl­icht: Aus dem griesgrämi­gen Ebenezer Scrooge wurde schließlic­h ein Weihnachts­fan und Wohltäter. Und so gab es am Ende einen donnernden Applaus, besonders von den kleinen Besuchern. „Ebenezer Scrooge“Darsteller Frank Schulz sagte dann: „Wir haben natürlich eine Zugabe vorbereite­t. Weil die aber zwei Stunden dauert, machen wir die nächstes Jahr.“Dann hoffentlic­h wieder als Weihnachts­singen.

 ?? FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER ?? Das Jugendsinf­onieorches­ter und Mitglieder des Theaters Kontra-Punkt brachten Charles Dickens' Weihnachts­geschichte um Ebenezer Scrooge auf die Bühne der Tonhalle.
FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER Das Jugendsinf­onieorches­ter und Mitglieder des Theaters Kontra-Punkt brachten Charles Dickens' Weihnachts­geschichte um Ebenezer Scrooge auf die Bühne der Tonhalle.

Newspapers in German

Newspapers from Germany