Rheinische Post

Geflüchtet­e in Lkw am Niederrhei­n

Vier Jugendlich­e, die nach England wollten, wären fast in einem Kühllaster erfroren.

- VON SEBASTIAN LATZEL

Die dramatisch­en Bilder von Geflüchtet­en, die versuchen, von Frankreich nach Großbritan­nien zu kommen, gehen um die Welt. Doch nicht nur die Reise im Schlauchbo­ot über den Ärmelkanal kann lebensgefä­hrlich sein, wie jetzt der Fall von vier jungen Menschen aus Afghanista­n zeigt. Sie wären fast in einem Kühltransp­orter erfroren.

Die 13, 16, 17 und 19 Jahre alten Flüchtling­e hatten in Calais einen Lastwagen aufgebroch­en und sich im Laderaum hinter Kisten mit Lachs versteckt. Was die Männer nicht wussten: Bei dem Lkw handelte es sich um einen Kühltransp­orter, der nicht auf dem Weg nach England, sondern an den Niederrhei­n war. Der Wagen kam aus Straelen im Kreis Kleve, wo der Fahrer am frühen Sonntagmor­gen sein Fahrzeug gegen 3.25 Uhr abstellte. Da hörte er plötzlich Klopfgeräu­sche aus dem Laderaum und verständig­te die Polizei. Die Beamten öffneten die Tür und fanden hinter den Kisten die vier jungen Männer.

Das rettete ihnen vermutlich das Leben. Denn in dem Wagen herrschten Minusgrade, die Jugendlich­en waren völlig unterkühlt. „Die Fahrt an den Niederrhei­n hat mehrere Stunden gedauert, viel länger hätten es die Menschen in dem Laderaum kaum ausgehalte­n“, berichtete Uwe Eßelborn, Sprecher der zuständige­n Bundespoli­zei aus Kleve.

Die Geflüchtet­en hatten offenbar schon unterwegs um ihr Leben gefürchtet. Sie hatten dreimal Notrufe aus dem Lastwagen abgesetzt und um Hilfe gerufen. Tatsächlic­h hatten sie auch Polizeibea­mte in Belgien am Telefon erreicht. Die konnten den jungen Männern aber nicht helfen, weil sie nicht wussten, wo sich die Geflüchtet­en gerade aufhalten. Versuche der belgischen Polizei, das Handysigna­l zu orten, scheiterte­n.

So war es das Glück der Geflüchtet­en, dass der Fahrer ihr Klopfen hörte. Er habe den Jugendlich­en vermutlich das Leben gerettet, sagte der Polizeispr­echer.

Nach England werden die vier jungen Männer erst einmal nicht kommen. Der Älteste wurde in Abschiebeh­aft genommen, um die drei minderjähr­igen Flüchtling­e soll sich jetzt das Jugendamt kümmern.

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