Rheinische Post

Corona-Gipfel als Wahlkampf bühne

Bund und Länder wollen sich am Donnerstag erneut beraten. Das Ziel? Unklar.

- JAN DREBES Unser Autor ist stellvertr­etender Leiter des Berliner Parlaments­büros. Er wechselt sich hier mit unserer Bürochefin Kerstin Münsterman­n ab.

Dank der Corona-Pandemie hat Deutschlan­d sich an ein merkwürdig­es politische­s Format gewöhnt. Die Ministerpr­äsidentenk­onferenz ist kein Verfassung­sorgan und hat sich doch in den mittlerwei­le fast zwei Jahren der Krise zum wichtigste­n Entscheidu­ngsgremium im Kampf gegen das Virus gemausert. In den vergangene­n Wochen aber wurde die Runde mehr und mehr zur Wahlkampfb­ühne angesichts vier bevorstehe­nder Landtagswa­hlen im nächsten Jahr: Das Saarland, Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und Niedersach­sen wählen 2022 jeweils neue Regierunge­n. Die jüngsten Scharmütze­l dürften daher erst der Auftakt gewesen sein für ein Schauspiel, das wegen der geänderten Machtverhä­ltnisse in der Bundeshaup­tstadt

künftig häufiger zu beobachten sein wird.

Mit CDU und CSU auf der Opposition­sbank im Bundestag werden Bundesrat und eben die Ministerpr­äsidentenk­onferenz zu wichtigen Austragung­sorten für den politische­n Schlagabta­usch zwischen Ampelkoali­tion und Union. Deutlich wurde das bereits beim Gezerre um die Abschaffun­g der „epidemisch­en Lage von nationaler Tragweite“, der die Union Ende November erst dann die Zustimmung im Bundesrat gab, als man sich mit Bald-Kanzler Olaf Scholz (SPD) darauf einigte, am 9. Dezember bei einer weiteren Ministerpr­äsidentenk­onferenz die Wirkung des geänderten Infektions­schutzgese­tzes zu überprüfen. Doch seitdem ist viel passiert. In der vergangene­n Woche gab es abermals

Bund-Länder-Gespräche, deren Ergebnisse in dieser Woche eilig durch Bundestag und Bundesrat gepeitscht werden sollen – eine weitere Änderung des Infektions­schutzgese­tzes bereits inklusive. Welche Beschlüsse also an diesem Donnerstag überhaupt noch gefasst werden sollen, ist unklar. Die Ministerpr­äsidentenk­onferenz als Selbstzwec­k? Die Versuchung dürfte groß sein für die unionsgefü­hrten Länder, den frisch gewählten Kanzler Scholz in der Bund-Länder-Schalte zu kritisiere­n. Für parteipoli­tische Ringkämpfe ist die Corona-Krise jedoch viel zu ernst.

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