Corona-Gipfel als Wahlkampf bühne
Bund und Länder wollen sich am Donnerstag erneut beraten. Das Ziel? Unklar.
Dank der Corona-Pandemie hat Deutschland sich an ein merkwürdiges politisches Format gewöhnt. Die Ministerpräsidentenkonferenz ist kein Verfassungsorgan und hat sich doch in den mittlerweile fast zwei Jahren der Krise zum wichtigsten Entscheidungsgremium im Kampf gegen das Virus gemausert. In den vergangenen Wochen aber wurde die Runde mehr und mehr zur Wahlkampfbühne angesichts vier bevorstehender Landtagswahlen im nächsten Jahr: Das Saarland, Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen wählen 2022 jeweils neue Regierungen. Die jüngsten Scharmützel dürften daher erst der Auftakt gewesen sein für ein Schauspiel, das wegen der geänderten Machtverhältnisse in der Bundeshauptstadt
künftig häufiger zu beobachten sein wird.
Mit CDU und CSU auf der Oppositionsbank im Bundestag werden Bundesrat und eben die Ministerpräsidentenkonferenz zu wichtigen Austragungsorten für den politischen Schlagabtausch zwischen Ampelkoalition und Union. Deutlich wurde das bereits beim Gezerre um die Abschaffung der „epidemischen Lage von nationaler Tragweite“, der die Union Ende November erst dann die Zustimmung im Bundesrat gab, als man sich mit Bald-Kanzler Olaf Scholz (SPD) darauf einigte, am 9. Dezember bei einer weiteren Ministerpräsidentenkonferenz die Wirkung des geänderten Infektionsschutzgesetzes zu überprüfen. Doch seitdem ist viel passiert. In der vergangenen Woche gab es abermals
Bund-Länder-Gespräche, deren Ergebnisse in dieser Woche eilig durch Bundestag und Bundesrat gepeitscht werden sollen – eine weitere Änderung des Infektionsschutzgesetzes bereits inklusive. Welche Beschlüsse also an diesem Donnerstag überhaupt noch gefasst werden sollen, ist unklar. Die Ministerpräsidentenkonferenz als Selbstzweck? Die Versuchung dürfte groß sein für die unionsgeführten Länder, den frisch gewählten Kanzler Scholz in der Bund-Länder-Schalte zu kritisieren. Für parteipolitische Ringkämpfe ist die Corona-Krise jedoch viel zu ernst.