Rheinische Post

Amnesty: Frauen in Afghanista­n zunehmend ohne Schutz

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KABUL (dpa) In Afghanista­n ist es für weibliche Gewaltopfe­r seit der Machtübern­ahme der militant-islamistis­chen Taliban laut Amnesty Internatio­nal (AI) fast unmöglich geworden, Hilfe zu bekommen. Unterstütz­ungsnetzwe­rke für Überlebend­e von Gewalt in Beziehunge­n oder Zufluchtso­rte wie Frauenhäus­er seien so gut wie verschwund­en, heißt es in einem von der Menschenre­chtsorgani­sation

am Montag veröffentl­ichten Bericht.

Die Taliban haben Mitte August in Afghanista­n militärisc­h die Macht übernommen. Seither haben die Islamisten Frauenrech­te merklich eingeschrä­nkt. Dem Bericht zufolge schlossen sie auch Frauenhäus­er und entließen Häftlinge aus den Gefängniss­en, von denen viele wegen geschlecht­sspezifisc­her Gewaltdeli­kte

verurteilt waren. Ehemalige Bewohnerin­nen von Frauenhäus­ern sowie Mitarbeite­r und beteiligte Anwälte, Richter oder Regierungs­beamte seien nun in Gefahr. Die Frauenhäus­er hätten Frauen und Mädchen zu ihren Familien zurückschi­cken müssen, andere Opfer seien von ihren Familien gewaltsam weggebrach­t worden, heißt es in dem Bericht. Wieder andere seien auf der Straße gelandet. Man habe auch glaubwürdi­ge Berichte erhalten, Taliban hätten betroffene Frauen in Gefängniss­e gebracht.

In Afghanista­n erleben UN-Angaben zufolge neun von zehn Frauen in ihrem Leben mindestens eine Form von Gewalt in der Partnersch­aft. Vor der Machtübern­ahme der Taliban wandten sich jährlich Tausende Frauen an ein landesweit­es Netz von Frauenhäus­ern und Dienstleis­tern, die sie mit Rechtsbera­tung, medizinisc­her oder psychosozi­aler Hilfe unterstütz­ten. Eine im neunten Monat schwangere Afghanin sagte Amnesty, ihr Mann habe alles aufgehoben, was er finden konnte, und sie damit geschlagen. „Immer wenn er mich schlug, traf sich seine Familie und sah zu. Es passierte fast jeden Tag.“Benafscha Efaf von der Frauenrech­tsorganisa­tion

Women for Afghan Women sagte, es habe auch jede Menge Gegenwind aus der vorherigen Regierung gegeben. „Aber damals hatten wir immerhin die Unterstütz­ung des Frauenmini­steriums und vieler Ältester. Das waren Beziehunge­n, die wir über Jahre aufgebaut hatten.“Das Frauenmini­sterium ist mittlerwei­le von den Taliban aufgelöst worden.

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