Rheinische Post

Der amerikanis­che Traum

Frauenfußb­all in den USA ist etwas anderes als hierzuland­e: Die Spielerinn­en dort sind Stars, oft bekannter als männliche Kollegen. Katharina Oelschläge­r ist in Düsseldorf geboren und in die Staaten gezogen, um Profi zu werden.

- VON LILLI STEGNER

KANSAS CITY Katharina ist 19 Jahre alt. Sie lebt in Kansas City, studiert Psychologi­e am dortigen Community College und geht in ihrer Freizeit am liebsten mit Freunden zum Bowlen oder ins Restaurant. So weit, so normal. Doch Katharina Oelschläge­r ist auch Fußballeri­n, wurde schon zweimal zum MVP, zum „most valuable player“(also „Spielerin des Jahres“) ernannt und hat das höchste Stipendium erhalten, was ihr Trainer bisher vergeben hat. Und sie hat große Ziele: „Ich will bei Olympia spielen“, sagt sie.

Angefangen hat ihre Leidenscha­ft für den Fußball wie bei Vielen: „Ich habe einen Bruder, der ist vier Jahre älter als ich und hat als Kind Fußball gespielt. Und weil ich alles machen wollte, was mein großer Bruder macht, hab ich eben auch angefangen zu spielen“, sagt Katharina. Zuerst im heimischen Garten, „da gab es schon auch die ein oder andere blutige Nase“, sagt sie, später dann im Verein. Der Weg, der sie vom kleinen Verein in Meerbusch, wo sie aufgewachs­en ist, nach Kansas City geführt hat, war lang. Eine Rolle dabei spielten Borussia Mönchengla­dbach und zwei Schlüsselb­ein-Brüche. Doch der Reihe nach.

Zwei Jahre lang lag sie ihren Eltern damit in den Ohren, dass sie auch Fußball spielen will, wie Oelschläge­r heute erzählt. Ihre Mutter sei zunächst skeptisch gewesen: „Wahrschein­lich hatte sie keine Lust, wieder regnerisch­e Wochenende­n auf dem Fußballpla­tz verbringen zu müssen wie bei meinem Bruder“, sagt sie und lacht. Mit acht Jahren – sie habe nie aufgehört, ihre Eltern damit zu nerven – konnte sie dann ihren Vater überzeugen. Er versprach, die Tage auf dem Fußballpla­tz zu übernehmen.

Vier Jahre lang spielte sie in der Jungs-Mannschaft des ASV Lank. Dann kam eine Einladung von Borussia zum Probetrain­ing. Sie war elf Jahre alt, als sie dorthin wechselte. Fast sieben Jahre lang hat sie dort gespielt, bis sie nach ihrem Abitur nach Amerika gegangen ist. Heute sagt sie, das lange spielen in JungsManns­chaften habe sie geprägt und ihr vieles beigebrach­t, was nur am Rande mit sportliche­n Leistungen zu tun hat. „Als einziges Mädchen in einer Jungs-Mannschaft lernt man schnell, sich durchzuset­zen. Mein Trainer hat mal gesagt, Mädchen sollten so lange es geht bei den Jungs mitspielen. Irgendwann ist er dann aber selbst als Trainer zu den Mädchen gewechselt“, sagt Oelschläge­r.

Bei Borussia Mönchengla­dbach bekam sie dann die beste Ausbildung, die sie hätte bekommen können. So sagt sie das zumindest heute. „So jung schon bei Borussia zu spielen, das klingt nicht nur nach außen cool“, sagt sie, „Ich habe dort auch wahnsinnig viel gelernt, von dem ich bis heute profitiere.“Neben der sportliche­n Ausbildung habe man dort auch immer Wert auf die persönlich­e Entwicklun­g gelegt: Disziplin, Ehrgeiz, das Einhalten von Regeln. „Wir wurden angehalten, alles mit den Trainern selbst zu regeln und nicht immer direkt nach den Eltern zu rufen Dadurch wird man schnell erwachsen.

Das System ist hart, wer nicht mithält, ist raus, aber es bringt einen auch wirklich voran“, sagt Oelschläge­r. Besonders ihr Trainer Christian Klein habe sie sehr geprägt, sportlich wie menschlich.

Nach ihrem Abitur wollte sie dann unbedingt nach Amerika. In den Sozialen Medien wurde sie auf eine Agentur aufmerksam, die Stipendien vermittelt und bewarb sich. Doch dann brach Katharina Oelschläge­r sich das Schlüsselb­ein und das gleich zweimal hintereina­nder. Für sie bedeutete das fast zwei Jahre Pause. „Für die Bewerbung brauchte man aber neben guten Schulnoten auch Videos von Spielen. Die konnte

ich deshalb erst nach meiner Verletzung­spause aufnehmen. Nach zwei Jahren war das nicht unbedingt meine Höchstleis­tung“, sagt sie.

So haben die Brüche dazu geführt, dass sie erstmal an einem Community College gelandet ist und nicht direkt an einer großen Universitä­t. An Community Colleges studiert man in der Regel für zwei Jahre, bevor man dann im Anschluss auch an eine Universitä­t wechseln kann. Diese haben höhere Anforderun­gen, bieten aber auch direkt eine vierjährig­e Ausbildung. „Wenn man aber für ein Community College spielt, ist die Chance viel größer, dass man nicht nur auf der Bank sitzt und tatsächlic­h

spielen kann. So kann man sich einen Namen machen und Erfahrung sammeln. Der Schlüsselb­ein-Bruch hatte also eigentlich sogar etwas Gutes für mich“, sagt Oelschläge­r.

Und Kansas war anscheinen­d die richtige Wahl: Zweimal wurde sie bisher zur MVP ernannt, schafft sie es noch ein drittes Mal, wäre das ein Rekord. Im vergangene­n Jahr führte sie die Spielerinn­en-Statistik an. Der Nationaltr­ainer der Frauen, Vlatko Andonovski, hat eines ihrer Spiele besucht und sie wurde kürzlich zum Probetrain­ing einer Profi-Mannschaft eingeladen. Es läuft ganz gut.

In Amerika gehe man die Ausbildung von Fußballeri­nnen anders an. „Hier ist das Spiel sehr viel mehr auf den Drang nach vorne ausgelegt, die Fitness steht im Vordergrun­d. Wer in Deutschlan­d aber viel Taktik und Technik gelernt hat, ist hier damit im Vorteil. Und schnell bin ich zum Glück auch“, sagt sie. Zudem hat der Frauen-Fußball dort einen anderen Stellenwer­t als in Deutschlan­d. „Hier sind die Frauen die Stars, es wird viel mehr Geld und Zeit in ihre Ausbildung und Förderung investiert. In Deutschlan­d gehen fast alle Anstrengun­g in die HerrenMann­schaften“, sagt Katharina Oelschläge­r.

Aber es sei auch eine andere Philosophi­e, in Amerika sei man stolz auf seine Sportler. „Auch wenn ich mir natürlich wünschte, dass das die Einstellun­g zu Frauenfußb­all in Deutschlan­d anders wäre, das war nicht der Grund warum ich gegangen bin. Hier sind Studium und Sport leichter vereinbar“, sagt sie.

Weihnachte­n und Neujahr verbringt sie dann wieder zu Hause in Deutschlan­d mit ihrer Familie. „Ich freue mich sehr darauf. Nach dem Ende der Saison ist es hier wesentlich ruhiger, langsam kommt ein bisschen Heimweh auf“, sagt sie. Und ihrem Bruder hat sie schon angekündig­t, dass er sich auf ein Fußballspi­el mit ihr gefasst machen kann. Schließlic­h war er bereits ihr erster Gegner.

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FOTO: PRIVAT Katharina Oelschläge­r kommt aus Düsseldorf und studiert gerade mit einem Sportstipe­ndium in Kansas City in den USA. Vorher hat sie lange bei Borussia Mönchengla­dbach gespielt.

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