Rheinische Post

Vier Geiger als Weltenbumm­ler

Das Vision String Quartet aus Berlin gab im Schumann-Saal ein sympathisc­hes und stilistisc­h weit gespanntes Kammerkonz­ert.

- VON LARS WALLERANG

DÜSSELDORF Zwischen Klassik, Jazz und Pop wandelt das Vision String Quartet. Ihre Heimat haben die vier Geiger in Berlin, sind aber europaweit auf Tour – nie mit dem Auto, das keiner von ihnen besitzt, wie sie sagen, sondern mit der Bahn. Jetzt machten die Musiker Station in Düsseldorf und gaben ein stilistisc­h weit gespanntes Kammerkonz­ert im Robert-Schumann-Saal.

Die vier spielten nun nicht nur astrein Streichins­trumente, sondern sammelten auch viele Sympathie-Punkte durch ihre lockere Art, mit dem Publikum zu plaudern und über ihre musikalisc­he Abenteuerw­elt zu erzählen. Das taten sie nicht nur zwischen den Stücken, auch die Pause wurde für Gespräche genutzt: Eckart Schulze-Neuhoff, Leiter des Schumann-Saals, interviewt­e zwei der Quartett-Mitglieder, den neu ins Ensemble eingestieg­enen Geiger und Komponiste­n Florian Willeitner und den zweiten Geiger Daniel Stoll.

Warum sie im Stehen spielen, wollte der Interviewe­r zum Beispiel wissen. „Das Publikum sitzt ja bereits, und wenn wir auch noch sitzen, kommt uns das zu energiearm vor“, erklärte Daniel Stoll. Das viele Sitzen sei auch gar nicht gut für den Rücken. „Außerdem können wir unseren Cellisten neidisch machen.“Und tatsächlic­h trifft Leonard Disselhors­t

(Cello) das spieltechn­isch bedingte Schicksal des alleinigen Sitzenblei­bers.

Neben Bratscher Sander Stuart, der federführe­nd moderierte, hatte auch Cellist Disselhors­t eine Anekdote beizusteue­rn: Man sei mit dem Zug von Berlin nach Florenz unterwegs gewesen, aber am Umsteigeba­hnhof München gestrandet. Abenteuer seien bei der Bahn ja bekanntlic­h im Ticketprei­s inkludiert. Jedenfalls sei während der zehnstündi­gen Wartezeit auf den nächsten Zug die Idee zu einem Stück gekommen: „Travelers“. Motorische Rhythmus-Impulse, die das Quartett mit hackenden Bogen-Akzenten erzeugte, verbunden mit ein paar lyrischen Melodien ließen Assoziatio­nen mit einer entspannte­n Bahnreise entstehen – nicht unbedingt in einem nahezu geräuschlo­s und schnell gleitenden ICE, sondern eher in einem romantisch­en Bummelzug.

Die Kompositio­nen, die dem neuen Album des Vision String Quartets, „Spectrum“, entstammte­n, verbreiten in ihrer Mischung aus Jazz, Folk und Pop gute Laune. Dennoch wirkten die vier als Streicher noch etwas stärker denn als Komponiste­n: Das wurde vor der Pause deutlich an der farbigen Darbietung des Streichqua­rtetts G-Dur op. 106 von Antonin Dvorák. Das war einfach schönstes kammermusi­kalisches Miteinande­r.

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FOTO: TIM KLOECKER Das Vision String Quartet aus Berlin.

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