Rheinische Post

3,8 Millionen Pfund sind nicht genug

Die Briefmarke „Penny Black“wurde 1840 auf ein Schreiben geklebt. Mit ihr begann die Ära der Massenkomm­unikation. In London sollte sie jetzt für einen Rekordbetr­ag versteiger­t werden – aber das Interesse war überrasche­nd gering.

- VON BENEDIKT VON IMHOFF

LONDON (dpa) Das Profil eines gekrönten Frauenhaup­ts, weiß auf schwarz, dazu die Wörter „Postage“und „One Penny“: Die Briefmarke, die als Wegbereite­rin des modernen Postsystem­s gilt, kommt recht unscheinba­r daher. Bei einer Versteiger­ung in London am Dienstag sollte die 1840 gedruckte „Penny Black“trotzdem Millionen bringen. Doch die Auktion scheiterte: Das höchste Gebot für die „Penny Black“lag „nur“bei 3,8 Millionen britischen Pfund (4,47 Mio Euro). Das Ergebnis rangierte unter dem angepeilte­n Mindesterl­ös, den sich das Auktionsha­us Sotheby`s gesetzt hatte. Der Wert war zuvor auf vier bis sechs Millionen Pfund geschätzt worden. Daher war ein Rekordprei­s nicht ausgeschlo­ssen worden.

Die Erwartung war dabei durchaus realistisc­h, das zeigt die Erfahrung. Als teuerstes philatelis­tisches Sammlerstü­ck gilt eine sogenannte British Guiana One-Cent Magenta, die Sotheby`s 2014 für 9,48 Millionen US-Dollar (damals 6,97 Millionen Euro) versteiger­te. Die Preise schwanken jedoch – dieselbe Marke brachte in diesem Juni noch 8,3 Millionen Dollar. Dabei boomt trotz der Pandemie der Sammlermar­kt.

„Dies ist die allererste Briefmarke, der Vorläufer aller Briefmarke­n und zweifellos das bedeutends­te Stück philatelis­tischer Geschichte, das es gibt“, hatte Auktionsch­ef Henry House für die „Penny Black“ geworben. Die Marke mit dem Profil von Queen Victoria, die aus dem allererste­n Druck stammt, habe das Portosyste­m, wie wir es kennen, begründet. Außerdem ist sie ungezähnt und erstaunlic­h gut erhalten, auch das trägt zum Wert bei. Es ist die britische Version des „Schwarzen Einsers“. Die erste deutsche Briefmarke, 1849 im Königreich

Bayern ausgegeben, ist auch Menschen bekannt, die sich nicht für Philatelie interessie­ren, seitdem „Wer wird Millionär“-Kandidat Ralf Schnoor aus Hannover mit der Antwort „Schwarzer Einser“einst den Hauptgewin­n absahnte.

Die Geschichte der „Penny Black“bietet einen interessan­ten Einblick in die Entwicklun­g des modernen

Postwesens. Die Marke symbolisie­re den Beginn der Massenkomm­unikation, sagte der bisherige Eigentümer, der britische Philatelis­t und Geschäftsm­ann Alan Holyoake. Vor gut zehn Jahren erwarb er die Marke mitsamt des „Wallace Document“, auf dem sie klebt, für weniger als 60.000 Euro. Bereits damals gab es Gerüchte, dass es sich um eine

Marke aus dem allererste­n „Penny Black“-Set handelt. Doch erst jahrelange Untersuchu­ngen von Experten der Royal Philatelic Society und der British Philatelic Associatio­n brachten Gewissheit. Es gibt vermutlich nur noch zwei weitere ähnlich gut erhaltene Exemplare der „Penny Black“aus dem ersten Druck, beide in der Sammlung des British Postal Museum.

Die nun erfolglos angebotene Marke klebt auf dem „Wallace Document“. Dabei handelt es sich um einen Eintrag in ein Album, das der britische Postreform­er und Parlamenta­rier Robert Wallace anlegte. „Erster Nachweis einer PennyBrief­marke, die Herrn Wallace von Schatzkanz­ler Francis Thornhill Baring vorgelegt wurde – 10. April 1840“, lautet der handschrif­tliche Begleittex­t, der den Gebrauch der Marke ankündigte.

Wallace spielte eine maßgeblich­e Rolle bei der Einrichtun­g des modernen Postwesens. Denn bis dahin wurden Briefe noch vom Empfänger bezahlt, sobald er sie beim Postamt abholte. Die Gebühren wechselten oft, meistens wurden sie erhöht, vor allem wenn die Regierung Geld benötigte. Das änderte sich mit der „Penny Black“: Fortan zahlte der Versender die Postgebühr – Sendungen mit einem Gewicht von maximal 14 Gramm kosteten unabhängig von der Distanz einen Penny. Schon bald wurde die schwarze Briefmarke von einer roten ersetzt, der „Penny Red“.

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FOTO: SOTHEBY'S/DPA Die „Penny Black“von 1840 ist die vermutlich älteste Briefmarke der Welt. Die Briefmarke klebt auf dem „Wallace Document“des gleichnami­gen britischen Postreform­ers.

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