Ein Leben lang Torschütze
Er ist einer der letzten lebenden Fußball-Weltmeister Englands. Mit drei Toren gegen Deutschland wurde Geoffrey Hurst im Endspiel der WM 1966 zum Nationalhelden. Eins davon wurde als „Wembley-Tor“legendär.
LONDON (dpa) Drin oder nicht drin? Die ewige Frage um sein „WembleyTor“von 1966 beantwortet Englands WM-Held Geoffrey Hurst, genannt Geoff, am liebsten mit Humor. „Der Ball war mindestens einen Meter hinter der Linie“, scherzte er vor einigen Jahren im Interview von FifaTV, um dann gleich aufzuklären: „Wenn man 24 Jahre alt ist und es 2:2 gegen Deutschland steht, dann will man für sein Leben gern glauben, dass der Ball die Linie überschritten hat. Und diesen Glauben habe ich bis heute.“
Nun wird Hurst 80 Jahre alt, und dieses WM-Endspiel gegen Deutschland, das England dank seiner drei Tore mit 4:2 nach Verlängerung gewann, ist immer noch ein tägliches Gesprächsthema für den langjährigen West-Ham-Stürmer. Er könne sich an keinen Tag erinnern, an dem er nicht darauf angesprochen wurde, verriet Hurst. Kein Wunder: Der WM-Triumph vor den Augen von Königin Elizabeth II. ist bis heute der einzige Titel, den eine englische Fußball-Nationalmannschaft gewinnen konnte. Und Hurst ist bis heute der einzige männliche Fußballspieler, dem drei Tore in einem WM-Finale gelangen.
Das Pech seines erfahrenen Teamkollegen Jimmy Greaves erwies sich damals als großes Glück für den jungen Hurst. „Ich hatte vor dem Turnier nicht so gut gespielt“, sagte er vor kurzem im Interview der WestHam-Website. Doch TottenhamStürmer Greaves, der im vergangenen September im Alter von 80 Jahren starb, verletzte sich vor dem Viertelfinale. Und so kam Hurst zum Zug und erzielte gegen Argentinien den Siegtreffer zum 1:0. Anschließend behielt er seinen Startelfplatz bis zum Endspiel im Wembley-Stadion.
„Ich war nicht besonders begabt“, befand der WM-Held später etwas zu bescheiden in der Zeitung „Daily Mail“. „Ich war nicht der beste Spieler in der Schule, nicht im Bezirk,
nicht bei West Ham oder für England. Aber ich hatte ein gutes Timing.“Und das ist für einen Stürmer KHammers, denen er von 1959 bis 1973 die Treue hielt, schoss Hurst in 499 Spielen ganze 248 Tore. 1965 gewann er mit West Ham den Europapokal der Pokalsieger.
Beim Klub aus dem Londoner Osten ist Hurst eine Legende. Im Oktober wurde vor dem London-Stadion, seit 2016 die Spielstätte West Hams, eine Statue enthüllt, die Hurst mit Bobby Moore und Martin Peters zeigt, zwei weiteren Europapokalund WM-Helden. „Ob wir noch mal erleben, dass ein Verein den Kapitän (Moore) und zwei Torschützen
(neben Hurst traf Peters einmal) im Finale stellt, wenn England die WM gewinnt - das wird schwer zu toppen“, sagte Hurst, der überzeugt
ist, dass die Three Lions eines Tages wieder Weltmeister werden.
Mittlerweile ist Sir Geoff, wie er sich seit dem Ritterschlag durch die Queen im Jahr 1998 nennen darf, einer von nur noch drei lebenden Weltmeistern – neben Bobby Charlton und George Cohen.
Es gehe ihm gut, berichtete Hurst im November der „Sun“, nachdem ihm ein Herzschrittmacher eingesetzt worden war – nur zur Sicherheit, wie Hurst betonte. „Er verhindert Unregelmäßigkeiten und dass ich vielleicht umkippe und mich verletze oder mit dem Auto jemanden überfahre.“
Anlässlich seines 80. Geburtstags
hat Sir Geoff Hurst gerade ein Buch veröffentlicht. „Achtzig! Das kann ich nicht glauben. Wie ist das denn passiert?“, schreibt Hurst in der Einleitung von „Eighty At Eighty“, in dem er von den nach seiner Ansicht 80 größten Sportstars seines Lebens erzählt, darunter ist sein gestorbener Teamkollege Jimmy Greaves.
Zwar geht es in dem Buch nicht so sehr um Hursts eigene Karriere, doch das Vorwort dreht sich fast ausschließlich um das WM-Finale 1966. „Es fühlt sich an, als wäre es erst gestern gewesen“, schreibt der Jubilar. Drin oder nicht drin? „Es war definitiv ein Tor. Schaut doch mal in die Aufzeichnungen.“