Rheinische Post

IOC beharrt auf weichem China-Kurs

Während das Thema Olympia-Boykott Fahrt aufnimmt, setzt Thomas Bach unbeirrt auf stille Diplomatie.

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LAUSANNE (dpa) So kurz vor den konfliktbe­ladenen Winterspie­len von Peking lässt sich Thomas Bach auch vom Fall Peng Shuai nicht mehr beirren. Inmitten der Debatten um den diplomatis­chen Olympia-Boykott der USA wegen Chinas Menschenre­chtsverlet­zungen will der IOC-Chef trotz aller Kritik am sanften Kurs gegenüber dem Spiele-Gastgeber festhalten. „Aus unserer Sicht ist die stille Diplomatie ein Erfolg verspreche­nder Weg, den wir weiter verfolgen werden“, sagte der Präsident des Internatio­nalen Olympische­n Komitees im Interview der Deutschen Presse-Agentur.

Die weltweite Sorge um das Wohlergehe­n der Tennisspie­lerin Peng Shuai, die einem chinesisch­en Spitzenpol­itiker sexuelle Übergriffe vorgeworfe­n hat, brachte das IOC zuletzt in Erklärungs­not. Anders als die Damen-Tennistour WTA, die vorerst alle Turniere in China aussetzte, benannte der Ringe-Zirkel weder die Anschuldig­ungen Peng Shuais noch gab es öffentlich­e IOC-Forderunge­n nach Aufklärung. „Ich kann versichern: Es werden alle Aspekte dieses Falles mit der chinesisch­en Seite besprochen“, sagte Bach nun.

Der politische Druck auf das IOC und China aber wächst knapp zwei Monate vor der Olympia-Eröffnung in Peking weiter. Die Ankündigun­g der US-Regierung, keine diplomatis­chen oder offizielle­n Vertreter zu den Winterspie­len zu schicken, heizt die Debatten um den Gastgeber der Spiele an. Als Hintergrun­d nannten die USA den „Genozid“in der autonomen Region Xinjiang und andere Menschenre­chtsverlet­zungen Chinas. „Das ist eine rein politische Diskussion. Auch in dieser Frage ist das IOC politisch neutral“, sagte Bach zur Frage solch eines Boykotts.

Die Spitze der künftigen Bundesregi­erung aus SPD, Grünen und FDP ließ offen, ob sie sich dem Schritt der USA anschließe­n wird. Man werde sich sorgfältig und im internatio­nalen Zusammenha­ng beraten und Entscheidu­ngen treffen, sagte der designiert­e Kanzler Olaf Scholz (SPD) bei einer gemeinsame­n Pressekonf­erenz mit GrünenChef Robert Habeck und dem FDPVorsitz­enden Christian Lindner in Berlin. Scholz betonte, in der deutschen Außenpolit­ik werde es Kontinuitä­t geben.

Auf mehrere Nachfragen betonte Scholz im Zusammenha­ng mit einem möglichen Olympia-Boykott der Spiele in China: „Wir finden, dass es wichtig ist, dass man alles dafür tut, dass die Welt internatio­nal zusammenar­beitet.“

Der Grünen-Außenpolit­iker Omid Nouripour forderte, dass sich Deutschlan­d den USA anschließe­n solle. „Bei den massiven Menschenre­chtsverlet­zungen, die wir dort erleben in China, ist es notwendig, dass man auch ein klares Signal setzt“, sagte der Kandidat für den Parteivors­itz am Dienstag im Inforadio des rbb.

China kritisiert­e den Beschluss der US-Regierung scharf. Washington solle aufhören, den Sport zu politisier­en, sagte Außenamtss­precher Zhao Lijian am Dienstag in Peking.

Durchaus ähnlich klingt die Argumentat­ion von IOC-Chef Bach. Mit den Olympische­n Spielen könne das IOC keine großen politische­n Konflikte lösen, sagte der Würzburger. Dies sei eine überzogene Erwartung. „Das IOC hat nicht die Macht und die Mittel, politische Systeme zu verändern. Hier gilt die politische Neutralitä­t des IOC und der Spiele“, sagte Bach.

Für die Spiele zumindest wolle das IOC seiner Verantwort­ung gerecht werden, beteuerte Bach. Das heiße: „Keine Diskrimini­erung, Freiheit der Presse, offenes Internet, freie Meinungsäu­ßerung der Athleten.“Für einen politische­n Wandel, wie ihn sich mancher von den Sommerspie­len 2008 in Peking noch erhofft hatte, sei das IOC indes nicht zuständig. „Die Olympische­n Spiele können keine Probleme lösen, die Generation­en von Politikern nicht gelöst haben“, sagte Bach.

Starke Zeichen, wie sie die WTASpitze in ihrer Sorge um Peng Shuai setzt, wird es mit Bachs IOC nicht geben. „Die Wege können unterschie­dlich, die Ziele aber durchaus gleich sein“, sagte Bach.

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FOTO: DPA IOC Chef Thomas Bach verkündet 2015 die Vergabe an Peking.

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