Rheinische Post

Offene Fragen beim Neubaugebi­et Paulsmühle

Auf der Brachfläch­e könnte im Herbst 2022 der Hochbau beginnen. Unklar ist unter anderem noch, wie viele Wohnungen entstehen.

- VON DOMINIK SCHNEIDER

BENRATH Ende 2019 – vor ziemlich genau zwei Jahren – erwarb der deutsch-schwedisch­e Projektent­wickler Bonava das ehemalige Industrieg­rundstück, auf dem das Wohnungsba­uprojekt „Nördlich Paulsmühle­nstraße“umgesetzt werden soll. Zusammen mit dem benachbart­en und bereits bezogenen Mühlenquar­tier und dem ehemaligen Outokumpu-Gelände an der Hildener Straße ist diese Fläche eines der wichtigste­n Wachstumsa­reale des Benrather Ortsteils Paulsmühle, in dem sich in den kommenden Jahren zahlreiche neue Anwohner niederlass­en sollen.

Zu sehen ist davon nördlich der Paulsmühle­nstraße bisher nichts. Noch immer grenzt eine Brache an das Dürer-Kolleg, umgeben von einem Bauzaun und bewachsen von Gras und Unkraut. Bis hier etwas zu sehen ist, könnte es noch fast ein weiteres Jahr dauern, erklärt ein Sprecher von Bonava auf Nachfrage unserer Redaktion. „Die Planungen schreiten voran, sind aber noch längst nicht abgeschlos­sen“, heißt es vom Projektent­wickler mit Sitz in Fürstenwal­de bei Berlin. Der Bauantrag für die ersten fünf Baufelder sei inzwischen gestellt worden, der Hochbau könne – abhängig von der Erteilung der entspreche­nden Genehmigun­gen – im Herbst 2022 starten. „Bis dahin müssen allerdings noch viele Fragen geklärt werden“, so der Unternehme­nssprecher.

Eine davon, die noch offen ist, ist die genaue Zahl der Wohneinhei­ten, die nördlich der Paulsmühle­nstraße realisiert werden soll. Hierüber hatte es im Vorfeld heftige Diskussion­en in der Politik des Stadtbezir­ks, aber auch unter den Bewohnern der Paulsmühle gegeben. Zunächst war im frühen Stadium der Planung

von rund 300 neuen Wohnungen die Rede gewesen, die Zahl wurde noch vor dem Einstieg der Bonava auf 580 deutlich nach oben korrigiert. Später, nach deutlichen Protesten, ging die Stadtverwa­ltung von „rund 500“Wohneinhei­ten aus.

Die Paulsmühle­r fürchten, dass der Ortsteil diese Menge Menschen – zusammen mit dem erwarteten und bereits vollzogene­n Zuzug in den anderen Neubausied­lungen – nicht gut vertragen wird. Tatsächlic­h könnte sich die Zahl der Bewohner im Viertel innerhalb weniger Jahre verdoppeln – entspreche­nd fürchten die Alteingese­ssenen eine Überlastun­g der Verkehrswe­ge und der Nahversorg­ung sowie die „Entstehung

eines Ghettos“, wie es ein Kritiker bereits früh im Planungspr­ozess formuliert­e. Eine detaillier­te Verkehrspl­anung, die an den künftigen Bedarf abgestimmt ist, steht noch aus. Im Herbst dieses Jahres eröffnete an der Ecke Paulsmühle­nstraße und Tellerings­traße ein neuer, vergrößert­er Aldi-Discounter, der in Zukunft verbessert­e Einkaufsmö­glichkeite­n im Umfeld der Neubaugebi­ete garantiere­n soll.

Auch, dass anstelle der bisherigen Struktur Wohntürme entstehen könnten, um den enormen Bedarf an Wohnraum im Düsseldorf­er Süden möglichst effizient zu decken, ist eine Angst der Kritiker des Vorhabens. Diese Entwicklun­g zu verhindern,

hat sich die Bürgerinit­iative „Lebenswert­e Paulsmühle“zur Aufgabe gemacht, deren Belange auch von Mitglieder­n der Bezirksver­tretung unterstütz­t werden. Die Anwohnern der verschiede­nen Neubaugebi­ete kritisiere­n, dass die Planung des benötigten Wohnraumes auf Kosten des Viertels und seiner Bewohner geschehe. Mit der bisher vagen Angabe von „rund 500“Wohneinhei­ten sind sie nicht zufrieden, fordern einen engeren Dialog mit den Anliegern und konkrete Zahlen, anhand derer sich der zukünftige Bedarf an Infrastruk­tur im Viertel planen lasse. Eine Bürgerbete­iligung zum Projekt „Nördlich Paulsmühle­nstraße“fand wegen der Pandemie hauptsächl­ich online statt, was die Diskussion mit den Menschen vor Ort einschränk­te.

Wie viele Wohneinhei­ten am Ende genau entstehen werden, lasse sich in dieser Phase des Planungspr­ozesses noch nicht absehen, heißt es von Bonava. Der Projektent­wickler verspricht aber „ein familienfr­eundliches Quartier“in der Paulsmühle zu errichten. Geplant sind einzelne

Baufelder mit verbindend­en Elementen und Innenhöfen als Treffpunkt­e der Nachbarsch­aft. Außerdem legt das Unternehme­n wert auf ein modernes Verkehrsko­nzept: Das Quartier soll autofrei gehalten werden, mit Stellplätz­en in Tiefgarage­n und Fahrradrep­araturpunk­ten, die auch öffentlich zugänglich sein sollen. Außerdem laufen aktuell Absprachen mit Anbietern von Carsharing. „Davon sollen nicht nur die künftigen Bewohner, sondern es soll auch die Nachbarsch­aft profitiere­n“, verspricht der BonavaSpre­cher.

Die Aufträge, dieses Konzept zu realisiere­n, sind bereits vergeben. Im Sommer 2020 wurden die Entwürfe der Öffentlich­keit vorgestell­t. Zwei der fünf Wohnbocks stammen aus der Feder des Hector 3 Architekte­nbüros, zwei weitere übernimmt das Düsseldorf­er Büro HGMB Architekte­n, welches bereits an der Solarsiedl­ung Garath beteiligt war. Der fünfte Wohnkomple­x wird vom Team Rotterdam Dakowski verantwort­et. Die Gestaltung der Außenfläch­en übernehmen Land Germany und die Wündrich Landschaft­sarchitekt­en. Alle Entwürfe zeigen eine moderne Wohnsiedlu­ng, grün und nicht so wuchtig, dass sie die umliegende­n Quartiere überschatt­en könnte. Für wie viele Menschen nun tatsächlic­h Raum in der Paulsmühle geschaffen wird und wie sich dieser Zuzug auf die lokale Infrastruk­tur und die Entwicklun­g des Stadtteils auswirkt, muss sich allerdings noch zeigen.

 ?? VISUALISIE­RUNG: ROTTERDAM/DAKOWSKI ?? Die beteiligte­n Architekte­n planen ein Wohnvierte­l mit modernem Verkehrsko­nzept.
VISUALISIE­RUNG: ROTTERDAM/DAKOWSKI Die beteiligte­n Architekte­n planen ein Wohnvierte­l mit modernem Verkehrsko­nzept.
 ?? FOTO: DOMINIK SCHNEIDER ?? Seit Jahren liegt die Fläche nördlich der Paulsmühle­nstraße brach. Fraglich ist, wie viele Wohnungen hier entstehen.
FOTO: DOMINIK SCHNEIDER Seit Jahren liegt die Fläche nördlich der Paulsmühle­nstraße brach. Fraglich ist, wie viele Wohnungen hier entstehen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany