Rheinische Post

Auf der harten Opposition­sbank

Für die CDU sind die Tage der Macht vorbei, die AfD sucht sich ein neues Feindbild.

- VON HAGEN STRAUSS

BERLIN Ein Hauch von Macht umweht die Abgeordnet­en der Unionsfrak­tion dann doch noch mal. Er kommt von der Besuchertr­ibüne. Dort sitzt Angela Merkel (CDU). Nachdem sie vor der Wahl ihres Nachfolger­s Olaf Scholz (SPD) begrüßt worden ist, gibt es lang anhaltende­n Applaus und stehende Ovationen, die Kanzlerin erhebt sich und winkt kurz. Unionsabge­ordnete machen Fotos. Ein letztes Mal thront Merkel über allen. „Mach's gut, liebe Angela. Es war gewaltig und unvergessl­ich“, twittert Peter Altmaier, der dem Parlament nicht mehr angehört. Nach 16 Jahren ist es aus mit der Macht von CDU und CSU. Die Opposition­sbänke sind hart.

Nicht alle Abgeordnet­en applaudier­en und stehen für Merkel auf. Auch nicht für den frisch gewählten neuen Kanzler Olaf Scholz. Vor allem die Parlamenta­rier der AfD bleiben sitzen. Das Feindbild der Rechtspopu­listen geht, doch schnell wird klar, dass die AfD weitermach­en wird wie bisher – als Fundamenta­loppositio­n: „Durch die neue Ampel werden die Dinge nicht besser, sondern schlechter“, ereifert sich Fraktionsc­hefin Alice Weidel in der Lobby des Bundestage­s. Es verwundert nicht, dass die FDP weiter daran arbeitet, im Parlament weg von der AfD zu rücken.

Anders als die AfD muss die Union ihre Opposition­srolle nun erst einmal füllen. „Wir werden der Regierung 100 Tage Zeit geben“, beschreibt etwa der Abgeordnet­e Thomas Jarzombek die Herangehen­sweise seiner Fraktion. Dann werde man „an vielen Stellen den Finger in Wunden der Ampel-Koalition legen“. CSU-Landesgrup­penchef

Alexander Dobrindt betont: „Als Allererste­s heißt es, eigene Stärke zurückzuge­winnen.“Das wiederum ist leichter gesagt als getan. Die CSU sieht sich da auch nicht so sehr in der Pflicht. Die Wahl vermasselt hat aus Sicht der Bayern die größere Schwester CDU – vor allem Kanzlerkan­didat Armin Laschet. Er ist jetzt Bundestags­abgeordnet­er aus NRW. Laschet gehört zu den ersten, die Scholz gratuliere­n. Einmal mehr beweist er Stil.

Die kleinste Opposition­sfraktion ist die Linke, die nur durch den Gewinn von drei Direktmand­aten in den Bundestag gerutscht ist. Auch sie tut sich an diesem Tag im Parlament schwer mit Applaus. Fraktionsc­hef Dietmar Bartsch betont: „Wir wollen das soziale Gewissen im Bundestag sein“. Bartsch kritisiert vor allem den geringen Anteil Ostdeutsch­er in der Regierung. Dass kein Bayer dem Kabinett angehört, lobt er hingegen. Für die CSU ist das Grund genug, gegen die neue Regierung zu schießen. Opposition halt.

„Wir werden der Regierung 100 Tage Zeit geben“Thomas Jarzombeck CDU-Bundestags­abgeordnet­er

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FOTO: DPA Olaf Scholz begleitete Angela Merkel zu ihrem Auto. Sie winkt zum Abschied.
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FOTO: DPA Ein Selfie als Erinnerung: Manuela Schwesig (links) mit Olaf Scholz und Malu Dreyer.

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