Rheinische Post

Keine Zeit zum Durchatmen

Mitten in der Pandemie muss die Ampel-Regierung ab dem ersten Tag liefern.

- VON JAN DREBES

Der geräuschlo­se Machtwechs­el ist in Deutschlan­d demokratis­che Tradition. Für die neuen Ministerin­nen und Minister und die vielen Menschen in den Ressorts aber bedeutet der Wechsel einen Kraftakt – und Momente der kurzen Unsicherhe­it. Wenige Minuten vor der Kanzlerwah­l beispielsw­eise läuft eine künftige Ministerin über die Flure im Reichstag und lernt erstmals ihren Pressespre­cher kennen, der sie noch für einige Wochen begleiten wird. Knappes Hallo, corona-bedingt die Fäuste aneinander, dann geht es auch schon los. Die ersten Interviews folgen nur Stunden später.

SPD-Generalsek­retär Lars Klingbeil, der sich am Samstag zum Parteichef wählen lassen will, zeigt sich bewegt, spricht von einem „wahnsinnig emotionale­n Tag“. Trotzdem gebe es keine Schonfrist für die neue Regierung. Besonders der neue Gesundheit­sminister Karl Lauterbach (SPD) hat keine Zeit zu verlieren. Die Impfkampag­ne muss noch deutlich mehr Tempo aufnehmen. Aber auch Svenja Schulze (SPD) bleibt nicht viel Zeit. Bereits am Samstag tritt die neue Bundes entwicklun­gs ministerin ihre erste Dienstreis­e an. Es geht für sie zum G7-Ministertr­effen nach Liverpool. Für die zwei kleinen Ampel-Partner, Grüne und FDP, wird mit diesem Tag eine besondere Veränderun­g besiegelt: Sie wechseln auf die Regierungs­bank. „16 Jahre haben wir opponiert und jetzt ist Schluss“, bringt es der Grünen-Außenpolit­iker und Vorsitz-Kandidat Omid Nouripour auf den Punkt. Man habe es jetzt in der Hand, „einen Aufbruch für dieses Land zu bringen“. Die Vizevorsit­zende der Grünen, Ricarda Lang, die auch für den künftigen Parteivors­itz gehandelt wird, spricht von einem historisch­en Tag. Und die FDP-Verteidigu­ngspolitik­erin Agnes Strack-Zimmermann berichtet voller Überzeugun­g von ihrer Ampel-Erfahrung aus Düsseldorf und betont: „Ich weiß, das funktionie­rt.“

An Euphorie fehlt es in der Ampel bestimmt nicht. Doch mit der Vereidigun­g des Kanzlers und der Ministerin­nen und Minister geht die Arbeit für SPD, Grüne und FDP erst richtig los. Schon in den Tagen nach der Vorstellun­g des Koalitions­vertrages war zu erkennen, wie die neue Regierungs­rolle die Parteien verändert. Statt kantigem Opposition­ssprech waren staatstrag­ende Töne zu hören. In der Opposition sei man sehr eckig, sehr pointiert, das sei auch die Aufgabe der Opposition, sagt Strack-Zimmermann. „Dann wird man von der Realität geküsst und muss bestimmte Dinge neu bewerten.“Das bedeutet aber nicht, dass man seinen „Grundkompa­ss“verliere, beteuert die FDP-Frau.

„Ich weiß, das funktionie­rt.“Agnes Strack-Zimmermann FDP-Landtagsab­geordnete über ihre Ampelerfah­rungen in Düsseldorf

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FOTO: DPA Angela Merkel steht vorn neben Joachim Gauck und Wolfgang Thierse auf der Tribüne des Bundestags.
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FOTO: DPA CDU-Vorsitzend­er Armin Laschet gratuliert Olaf Scholz nach dessen Wahl zum Bundeskanz­ler.

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