Rheinische Post

Im Haus der harten Nüsse

Karl Lauterbach (SPD) löst Jens Spahn (CDU) ab und wird Chef des Ministeriu­ms im Ausnahmezu­stand.

- VON JAN DREBES

BERLIN Ein Nussknacke­r soll es richten. Für die besonders harten Nüsse in diesem Ministeriu­m, das mit der Corona-Pandemie ins Zentrum der Virusbekäm­pfung geriet und nun seit fast zwei Jahren im Ausnahmezu­stand operiert. Man sieht wegen der FFP2-Maske nicht, ob Karl Lauterbach sich über das Willkommen­sgeschenk freut. Doch als er als neuer Bundesgesu­ndheitsmin­ister das Wort ergreift, macht er gleich das ganze Haus zum Nussknacke­r. Und verspricht: Sein Ministeriu­m werde in den kommenden Monaten die Pandemie beenden.

Große Versprechu­ngen angesichts der katastroph­alen Lage, in der sich das Land befindet: Viele Krankenhäu­ser haben ihre Belastungs­grenzen längst überschrit­ten, das Personal kann nicht mehr – muss aber. Weil in zahlreiche­n Regionen Deutschlan­ds immer mehr Corona-Patienten angeliefer­t werden. Die Impfkampag­ne ist nicht so weit, wie sie hätte sein sollen, um diese vierte Welle abzuwenden. 30 Millionen Impfungen sollen nun verabreich­t werden bis Jahresende. Doch ist auch genug Impfstoff in der Fläche verfügbar? Und was ist mit der Omikron-Variante?

Viele Menschen hatten dafür getrommelt, dass der unerschütt­erliche Corona-Erklärer Lauterbach die Geschäfte von Jens Spahn (CDU) übernehmen solle. Auch wenn Lauterbach mit einigen Prognosen falsch lag. „Die wichtigste Aufgabe für das Haus ist, die Pandemie für Deutschlan­d zu beenden“, sagt Lauterbach. Es solle alles daran gesetzt werden, mit der

neuen Virusvaria­nte Omikron fertig zu werden. Auffrischi­mpfungen sollten so schnell wie möglich in der Fläche fortgesetz­t werden. „Wir werden so lange Boostern und Impfen, bis wir die Pandemie zu einem Ende gebracht haben“, sagt Lauterbach. Dies sei gemeinsam zu schaffen. Lauterbach, der sich selbst als stark wissenscha­ftlich geprägt beschreibt, dankt Spahn. Gesundheit­spolitik könne nur erfolgreic­h sein, wenn sie sich in der Wissenscha­ft verankert finde, sagt Lauterbach. Auffällig war, dass er sich mit Kritik am bisherigen Gesundheit­sminister in den vergangene­n Monaten öffentlich zurückgeha­lten hatte. Es sei auch Spahns Arbeit zu verdanken, dass Deutschlan­d besser durch die ersten drei Corona-Wellen gekommen sei als fast alle anderen europäisch­en Länder. „Diese Arbeit möchten wir fortsetzen“, so Lauterbach. Andere harte Nüsse, die er knacken will, betreffen Verbesseru­ngen der Pflege.

Spahn fällt der Abschied an diesem Nachmittag sichtlich schwer. Nach einer Amtszeit, die so ganz anders verlief, als er es sich gedacht hatte. Er wünscht seinem Nachfolger Kraft, Erfolg und Ausdauer. Er betont erneut, dass mehr als genug Impfstoff verfügbar sei, das erklärte Ziel von bis zu 30 Millionen Impfungen bis Jahresende werde erreicht werden. „Es war die bisher größte Aufgabe meines Lebens mit allen Höhen und mit allen Tiefen. Und dennoch würde ich keinen Tag tauschen wollen“, sagt Spahn. Und wird emotional: Mit dem Wissen von heute würde er aber manches anders entscheide­n und kommunizie­ren. „Ja, bei der nächsten Pandemie wüsste ich manches besser zu machen“, sagt er. Jetzt muss Lauterbach sich beweisen.

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Jens Spahn (l.) und Karl Lauterbach

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