Diese Regierung führt unser Land
Sieben von der SPD, fünf von den Grünen, vier von der FDP: Die neuen Ministerinnen und Minister der Ampelkoalition im Überblick.
BERLIN Die 16 Ministerinnen und Minister der neuen Ampelregierung kamen am Mittwochabend um 18 Uhr zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammen. Das Kabinett im Überblick:
Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt (51, SPD) ist seit 20 Jahren engster Vertrauter von Olaf Scholz. Genau wie dieser ist er Hamburger und Jurist. Schmidt war Büroleiter der Hamburger Landesvertretung in Berlin und Staatssekretär im Finanzministerium. Im Kanzleramt will er die Impfkampagne vorantreiben.
Arbeitsminister Hubertus Heil (49, SPD) bleibt im Amt. Verdient machte sich der Pragmatiker in der Corona-Krise und mit der Einführung der Grundrente. Der Niedersachse will den Mindestlohn von zwölf Euro, das Bürgergeld und die Stabilisierung der Rente durchsetzen.
Innenministerin Nancy Faeser (51, SPD) rückt als erste Frau in das mächtige Innenressort. Die Juristin will die Bekämpfung des Rechtsextremismus zu ihrem Schwerpunkt machen.
Gesundheitsminister Karl Lauterbach (58, SPD) ist in seiner Partei nicht so beliebt wie in der Öffentlichkeit. Insofern kam die Nominierung des Mediziners, Epidemiologen und Gesundheitsökonomen durchaus überraschend. Der fünffache Vater ist eine umstrittene Figur, braucht Personenschutz. Auf den Leverkusener wartet mit der Bewältigung der Corona-Krise eine Herkulesaufgabe.
Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (56, SPD) hatte sich schon abgemeldet, doch nun folgt doch noch der Karrierehöhepunkt. Die frühere Justizministerin soll die Bundeswehr durch unsichere Zeiten führen. Die Juristin gilt als durchsetzungsstark und pflichtbewusst. Mit Verteidigungspolitik hatte die frühere Fraktionsmanagerin bisher aber kaum Berührungspunkte.
Entwicklungsministerin Svenja Schulze (53, SPD) hat als Umweltministerin einen guten Job gemacht. Nun muss die gebürtige Düsseldorferin ihre Hartnäckigkeit erneut unter Beweis stellen und steigende Entwicklungshilfe-Ausgaben durchsetzen. Eine der Hauptaufgaben der studierten Germanistin: Arme Länder im Kampf gegen Erderwärmung und Corona-Pandemie unterstützen.
Bauministerin Klara Geywitz (45, SPD) ist eine Vertraute von Olaf Scholz, die auch mit dessen Ehefrau Britta Ernst eng befreundet ist. Die Brandenburgerin bewarb sich 2019 mit Scholz vergeblich um den Parteivorsitz. Nun soll sie das Ampel-Ziel von jährlich 400.000 neuen Wohnungen umsetzen. Die Potsdamer Politikwissenschaftlerin und Mutter dreier Kinder arbeitete im Landesrechnungshof und hatte dort auch mit der Bauverwaltung zu tun.
Wirtschafts- und Klimaschutzminister
Robert Habeck (52, Grüne) übernimmt eine der Schaltstellen der Ampel-Regierung. Der promovierte Philosoph sicherte sich auch den Posten des Vize-Kanzlers. Ein Superministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und Natur hatte der Flensburger schon in Schleswig-Holstein inne. Habeck könnte in Erklärungsnot geraten, wenn Klimaziele verfehlt werden und Energiepreise weiter ansteigen.
Außenministerin Annalena Baerbock (40, Grüne) ist die erste Frau in diesem Amt – für die Völkerrechtlerin und Grünen-Kanzlerkandidatin ein Karrieresprung. Baerbock wird nun mindestens so viel im Flugzeug sein wie Kanzler Scholz – fernab von der Wahlheimat Potsdam, wo ihr Mann und ihre zwei kleinen Töchter leben. Erste Bewährungsproben kommen mit dem Ukraine-Russland-Konflikt. „Deutschland hat kein wichtigeres Interesse als das an einem starken und geeinten Europa“, sagte sie zu Beginn ihrer Antrittsreise. Sie bekommt gemäß dem Organisationserlass des neuen Kanzlers Scholz, der am Mittwoch vom Kabinett gebilligt wurde, auch die Zuständigkeit für die internationale Klimapolitik und somit die großen Konferenzen.
Agrarminister Cem Özdemir (55, Grüne) ist das erste Kabinettsmitglied mit türkischen Wurzeln. Der Diplom-Sozialpädagoge hat in Stuttgart das Direktmandat mit 40 Prozent geholt, dem besten Erststimmen-Ergebnis aller Grünen. Bei vielen Parteilinken ist der Realo nicht beliebt, erst recht nicht, weil Özdemir anstelle des ehemaligen Fraktionschefs Anton Hofreiter zu Ministerehren kam. Der Ex-Parteichef dürfte sich mit der mächtigen Bauernlobby anlegen.
Umweltministerin Steffi Lemke (53, Grüne) gehörte 1989 zu den Mitbegründern der Grünen-Partei in der DDR. Sie war fast elf Jahre Bundesgeschäftsführerin der Grünen und ist bestens vernetzt. 2013 zog sich die Diplom-Agraringenieurin aus der ersten Reihe der Grünen zurück. Als Fachfrau kennt sie sich beim Naturschutz aus.
Familienministerin Anne Spiegel (40, Grüne) bringt Ampel-Erfahrungen als ehemalige Familien- und Umweltministerin in Rheinland-Pfalz mit. Dort ging sie als erstes Kabinettsmitglied 2018 in den Mutterschutz, um ihr viertes Kind auf die Welt zu bringen. Spiegel will Familien stärken. In Mainz geriet Spiegel wegen formeller Fehler bei einer Stellenbesetzung in die Schlagzeilen.
Finanzminister Christian Lindner (42, FDP) hat sich im Machtkampf gegen Grünen-Chef Robert Habeck durchgesetzt, der den Posten ebenfalls gerne gehabt hätte. 2017 führte der Partei- und Fraktionschef die FDP nach vier Jahren außerparlamentarischer Opposition zurück in den Bundestag. Der Politikwissenschaftler hat keine administrative Erfahrung, nun muss er die Finanzierung der Ampel-Pläne sicherstellen, ohne die Steuern zu erhöhen.
Bildungsministerin Bettina StarkWatzinger (53, FDP) kam 2017 erstmals in den Bundestag und legte seitdem eine steile Karriere hin. Die Hessin wurde Finanzausschuss-Vorsitzende und Parlamentarische Geschäftsführerin. Als frühere Wissenschaftsmanagerin kennt sie sich in der Forschungslandschaft aus.
Verkehrsminister Volker Wissing (51, FDP) war in Rheinland-Pfalz einer der Architekten der dortigen AmpelKoalition. Im September 2020 holte Parteichef Lindner ihn als Generalsekretär nach Berlin. Dort dürfte der frühere Richter und Staatsanwalt zum Gegenspieler der Grünen werden. Wissing will bei der Verkehrswende „aufs Engste“mit der Autoindustrie zusammenarbeiten.
Justizminister Marco Buschmann (44, FDP) gehört zu den engsten Vertrauten von Parteichef Lindner. Der Jurist mit Summa-Cum-Laude-Doktortitel hat Lindner zunächst als Bundesgeschäftsführer, später als Parlamentsgeschäftsführer den Rücken frei gehalten. In der Corona-Krise muss Buschmann den Schwenk der FDP von der libertären Oppositionsin die verantwortlichere Regierungsrolle moderieren.