Kalenderblatt
Salomé tanzt. König Herodes hatte seine Stieftochter darum gebeten, für ihn zu tanzen. Dafür werde er ihr jeden
Wunsch erfüllen, hatte der Herrscher versprochen. Salomé zeigt für ihn den „Tanz der Sieben Schleier“. Berauscht von der lasziven Aufführung erfüllt Herodes seiner Stieftochter tatsächlich den blutrünstigen Wunsch, den sie äußert: Sie will den Kopf Jochanaans, wie Johannes der Täufer in dem Stück genannt wird. Der hatte sie zuvor verschmäht, obwohl die schöne junge Frau doch so heftig um ihn geworben hatte. Liebe, Erotik und grausamer Mord: Der Inhalt der Oper „Salomé“, die am 9. Dezember 1905 in der Semperoper in Dresden uraufgeführt wurde, war für das Publikum nicht leicht zu verkraften. Die Oper beruhte auf einer literarischen Vorlage, dem gleichnamigen Bühnenstück von Oscar Wilde. Schon das Werk Wildes hatte für einen Skandal gesorgt und wurde zum Teil stark zensiert. Auch die Oper des Komponisten Richard Strauss war umstritten, an einigen Orten konnte sie nie aufgeführt werden. Und doch: Das Publikum war fasziniert. Musikalisch hatte Strauss neue Wege beschritten. „Salomé“gilt als erste große Literaturoper. Sie wurde in Dresden 36-mal aufgeführt, obwohl konservative Kritiker sich entsetzt zeigten. Selbst die Künstler der Semperoper sollen anfangs skeptisch gewesen sein. Sopranistin Marie Wittich soll sich zunächst sogar geweigert haben, die Salomé zu spielen – sie sei eine anständige Frau. Am Ende spielte sie die Verführerin doch. Nachdem Salomé den abgetrennten Kopf des Jochanaan geküsst hat, wendet sich Herodes angewidert ab. Und befiehlt seinen Soldaten, die Stieftochter ebenfalls zu töten.