„Wir wollen niemandem etwas eintrichtern“
Alpha nennt sich ein überkonfessionelles Format, bei dem sich Menschen über den Kern des christlichen Glaubens unterhalten.
„Wir haben weitgehend verlernt, uns öffentlich zu einem Glauben zu bekennen“Richard von Knop
KAISERSWERTH/ DÜSSELDORF Den Glauben neu beleben oder ihn überhaupt erst entdecken, über Fragen reden wie „Ist das alles? Gibt es vielleicht noch mehr? Und wer ist eigentlich Gott?“: Dafür gibt es im Düsseldorfer Norden ein Gesprächsformat, das im Januar zum vierten Mal startet. „Alpha“nennen sich die Kurse, die eigentlich keine Kurse sein wollen und bei denen es auch nicht um eine Glaubensunterweisung im herkömmlichen Sinne gehen soll.
„Wir treffen uns zu einem gemütlichen Beisammensein, essen gemeinsam, hören zu und reden, teilen Gedanken und manchmal auch Zweifel“, sagt Richard von Knop. Der 48-Jährige engagiert sich seit langem in der Gemeinde Kaiserswerth/ Angerland und gehört gemeinsam mit den Pfarrern Thomas Müller und Oliver Dregger zu den Begleitern der Gesprächsabende. Wobei die Priester an den auf zwei Stunden begrenzten Runden meist nur einen kurzen Impuls geben. Wenn überhaupt. Oft machen selbst das die Laien. Locker soll es zugehen bei den Begegnungen im Wittlaerer Pfarrheim von St. Remigius. „Auch Menschen, für die Kirche weit weg ist oder die jeden Kontakt zu Glaubensfragen verloren haben, sind willkommen. Es gibt weder Sprechnoch Denkverbote und schon gar nicht wollen wir jemandem etwas eintrichtern“, sagt von Knop.
Selbst ist der Kaiserswerther tief im Katholizismus verwurzelt. In seinem Büro im Tochterunternehmen einer großen Versicherungsgesellschaft hängt ein Kreuz mit Christus-Korpus, auch an Prozessionen nimmt er gerne teil. „Wir haben weitgehend verlernt, uns öffentlich zu einem Glauben zu bekennen“, sagt der dreifache Familienvater. Und auch Seelsorger Möller bemerkt immer wieder, dass viele Menschen zwar gerne über kirchliche Themen, Projekte oder Missstände reden, nicht aber darüber, was sie ganz persönlich glauben. Genau darum soll es aber bei Alpha gehen. Im Zentrum steht das grundlegende Einmaleins der christlichen Lehre: Wer war Jesus? Warum ist er am Kreuz gestorben? Was ist Sünde? Was bedeutet Erlösung für mich? Warum bete ich?
Dass an den Alpha-Abenden auch über Charisma und besondere Gaben des Heiligen Geistes geredet wird, ruft auch Skeptiker auf den Plan. Sie verorten die inzwischen in den meisten christlichen Konfessionen
rund um den Globus etablierten Alpha-Angebote in der Nähe pfingstkirchlicher und evangelikaler Bewegungen. So ersetzte die reformierte Kirche im Kanton Zürich die in der Schweiz „Alphalive“genannten Kurse lieber durch ein eigenes Angebot („Glauben 12“).
Seelsorger Möller teilt diese Kritik nicht. „Der Kurs hat seinen Ursprung in einer anglikanischen
Gemeinde in London und die Anglikaner sind sicher keine Pfingstkirche.“Außerdem seien die besonderen Gaben des Heiligen Geistes („Charismen“) gerade vom reformorientierten Zweiten Vatikanischen Konzil neu entdeckt worden. Und im Vatikan habe Pater Raniero Cantalamessa, der Hausprediger von Franziskus, Benedikt XVI und Johannes Paul II, neben Christen anderer Konfessionen an einer neuen Filmserie über Alpha mitgearbeitet.
Um den Blick für Glaubensfragen zu schärfen, wird an den Alpha-Abenden meist auf aktuelle kirchenpolitische Themen verzichtet. „Frauenpriestertum, Missbrauchsskandal oder die Frage, wie man mit dem Abendmahl bei einem gemischt-konfessionellen Paar umgeht, gehören nicht zu dem, was in den Kursen im Vordergrund stehen soll“, sagt von Knop.
Da es bereits drei Kurse gab, rechnen die Ideengeber im Januar damit, alte Bekannte wiederzusehen. Um darüber hinaus neue Menschen anzulocken, verteilen Möller und weitere Mitstreiter derzeit auch Flyer in Bäckereien und an anderen Orten. Das hatte schon bei den vorangegangenen Kursen geholfen, auch Menschen zu erreichen, denen Religion eher fremd ist. „Manchmal ist man richtig überrascht, wer den Weg zu unseren Abenden findet“, sagt der Seelsorger.