Rheinische Post

Der Titel steht auf der To-do-Liste

Hockeystür­merin Elisa Gräve verpasste Olympia wegen einer Verletzung. Die Meistersch­aft mit dem DHC soll trösten.

- VON RICHARD THOMSEN

Hohe Qualität bei großer Leistungsd­ichte. Davon leben Spitzentea­ms. Aber auch in der Hockey-Elite gibt es die ganz besonderen Spielerinn­en, deren Begabungen nicht erlernbar sind, die bestimmte Fähigkeite­n exklusiv haben. Elisa Gräve ist eine von ihnen. Die Erfolge der DHC-Frauen in den vergangene­n Jahren sind eng mit dem Namen der Oberkassel­erin verbunden.

Das Tempodribb­ling mit Zug zum Tor, ohne dass „Elli“den Blick für die Mitspieler­innen verliert, ist der größte Trumpf der 25-Jährigen. „Mag sein, dass es diese Fähigkeite­n nicht so oft gibt, dafür habe ich aber auch lange trainiert“, sagt die gelernte Stürmerin, die je nach taktischer Ausrichtun­g und personelle­r Notwendigk­eit auch aus der Abwehr und dem Mittelfeld für Druck sorgt. „Mein Spiel könnte noch variabler sein, aber es macht ja auch Spaß, sich ständig zu verbessern.“Wofür sie beim DHC viele Freiräume hat. „Wir haben eine extrem starke Mannschaft, die die Stürmer immer wieder ins Spiel bringt“, betont Gräve die Güte des Kaders. „Man kann kreieren, verrückte Dinge machen und auch schon mal Risiken eingehen.“

Trainer Nico Sussenburg­er hat die temperamen­tvolle Allrounder­in immer darin bestärkt, Neues zu wagen, sich auszuteste­n. Das ehrgeizige DHC-Gewächs, das seit 20 Jahren das blau-rote Trikot trägt, dankt es dem Coach mit Leistungen auf konstant hohem Niveau. „Die einstmals ,kleine` Elli ist von einer guten Spielerin in der 2. Liga zu einem wichtigen Baustein in einer Spitzenman­nschaft der ersten Liga und zur Nationalsp­ielerin gereift“, erzählt Sussenburg­er. „Elli ist sowohl sportlich als auch menschlich eine feste Größe im Team. Sie ist eine der Spielerinn­en, von denen man weiß, was man bekommt.“

Das klingt nach permanente­m

Aufwärtstr­end. Weit gefehlt. Elisa Gräve hat in den letzten drei Jahren ein Auf und Ab durchlebt, für das andere Spielerinn­en ein ganzes Sportlerle­ben benötigen. 2019 schrieb sie Düsseldorf­er Sportgesch­ichte, als sie mit dem Düsseldorf­er HC den zweiten Meistertit­el in der Halle errang und als beste Spielerin der Endrunde ausgezeich­net wurde. Ihren Beitrag steuerte sie auch zum Gewinn der Deutschen Feldhockey-Meistersch­aft in diesem Jahr bei, musste

aber aufgrund eines Schlüsselb­einbruchs bei den entscheide­nden Spielen ebenso zuschauen wie bei den Olympische­n Spielen in Tokio.

„Ich hatte fünf Jahre auf Olympia hintrainie­rt, das war mein Kindheitst­raum. Er war zum Greifen nahe. Umso weher hat es getan, nicht dabei zu sein. Und es tut immer noch ein wenig weh.“Pflaster für ihren Seelenschm­erz fand sie im Team, vor allem aber bei ihren Eltern, die ihre glühendste­n Fans sind. Der ein oder andere nationale und internatio­nale Titel könnte den Restkummer endgültig ausräumen. „Die Mädels haben sich die Deutsche Meistersch­aft auf dem Feld hart erkämpft, es wäre schön, wenn wir es beim nächsten Mal nicht mehr so spannend machen.“

Der Titel steht auf der To-do-Liste, ist aber beileibe kein Selbstläuf­er. Die Konkurrenz aus Mannheim und Harvestehu­de spielt auf ähnlichem Level. „Wir wollen oben mitspielen,

um uns dann mit starken europäisch­en Teams messen zu können. Das wäre auch so ein Traum von mir. Gegen die Besten aus den Niederland­en und Spanien zu spielen, kann dem eigenen Spiel noch einmal eine neue Richtung geben und es mit neuen Elementen bereichern.“

Elisa Gräve weiß nicht erst seit ihrer sportliche­n Berg- und Talfahrt, wie wichtig Bodenständ­igkeit ist. Überheblic­h? Nein! Selbstbewu­sst? Ja! Den jungen Spielerinn­en lebt sie Demut vor. „Sie ist offen und unvoreinge­nommen“, sagt eines der zahlreiche­n Talente im Kader. Elisa Gräve hat als Küken im Team selbst erfahren, dass die Etablierte­n den Nachwuchs nicht zwangsläuf­ig mit Kusshand empfangen.

Der sportliche Zeitplan mit bis zu acht Einheiten wöchentlic­h in Vereinsund Nationalma­nnschaft ist eng getaktet. Die Promotion, in deren Rahmen Elisa Gräve ein Praktikum im Jugendleis­tungszentr­um der Fortuna absolviert­e, fordert das ganze Organisati­onstalent der angehenden Psychologi­n. Nach dem Abschluss wird „Dr. Elisa Gräve“den Schläger noch nicht an den Nagel hängen. Die gegnerisch­en Abwehrreih­en werden sich auf weitere unruhige Zeiten einstellen müssen.

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FOTO: HORSTMÜLLE­R Elisa Gräve im vergangene­n Jahr im Trikot der deutschen Nationalma­nnschaft.

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