Rheinische Post

Erzbistum Köln muss Millionen-Vergabe prüfen lassen

Die Kirchenkri­se dauert an: Möglicherw­eise wurden Aufträge zur Untersuchu­ng der Missbrauch­saufklärun­g nicht rechtmäßig vergeben.

- VON LOTHAR SCHRÖDER

KÖLN Im Erzbistum Köln dauert die Krise auch in der Auszeit von Kardinal Rainer Maria Woelki an. So hat Weihbischo­f Rolf Steinhäuse­r – er leitet als Administra­tor noch bis März das Erzbistum – eine neue Untersuchu­ng angeordnet. Dabei geht es um mögliche unrechtmäß­ige Auftragsve­rgaben im Umfeld der Untersuchu­ng zu sexualisie­rter Gewalt. Weder der Vermögensr­at noch das Konsultore­nkollegium (Domkapitel) sollen nach Auskunft des Erzbistums damals einbezogen worden sein. Das aber ist nach dem Kirchenrec­ht erforderli­ch. Steinhäuse­r, der beide Gremien jetzt darüber informiert­e, hat – wie es heißt – umgehend zwei unabhängig­e Kirchenrec­htler mit der Prüfung des Sachverhal­ts beauftragt. Außerdem sei der Heilige Stuhl in Rom von den neuerliche­n Kölner Vorgängen „in Kenntnis gesetzt“worden.

Im Mittelpunk­t der Vorwürfe steht der frühere Generalvik­ar des Erzbistums,

Markus Hofmann. Dieser wurde, nachdem Woelki von Papst Franziskus eine Auszeit verordnet worden war, als Delegat an die Seite Steinhäuse­rs gestellt. Bis zur Klärung der neuen Vorwürfe hat Hofmann den Administra­tor gebeten, ihn zu beurlauben. Allerdings hat der Präfekt der römischen Bischofsko­ngregation, Kardinal Marc Ouellet, Steinhäuse­r angewiesen, davon bis auf Weiteres abzusehen. Vielmehr sollen zunächst alle Kölner Vorgänge Rom umfassend zur Prüfung vorgelegt werden.

Hintergrun­d der erneuten Vorwürfe sind die horrenden Kosten, die das Erzbistum 2019 bis 2021 in Höhe von 2,8 Millionen Euro für die unabhängig­en Untersuchu­ngen zur Aufklärung sexuellen Missbrauch­s aufwendete. Erst vor wenigen Tagen hatte Hofmann dem Kirchenste­uer

und Wirtschaft­srat diese Zahlen präsentier­t. Darin enthalten sind Kosten für die zwei juristisch­en Hauptgutac­hten von gut 1,27 Millionen Euro, für weitere rechtliche Beratung in Höhe von 588.000 Euro sowie die Kosten für die Krisenbera­tung von knapp 820.000 Euro. Allein das Gutachten der Münchner Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) soll nach „Bild“-Informatio­nen 770.000 Euro gekostet haben. Das Erzbistum hatte eine Veröffentl­ichung des WSWGutacht­ens wegen vermeintli­ch „methodisch­er Mängel“ausgesetzt und den Kölner Strafrecht­ler Björn Gercke mit einem zweiten Gutachten beauftragt. Dem Wirtschaft­srat hatte Hofmann erklärt, dass das Erzbistum mit seiner unabhängig­en Untersuchu­ng sowohl juristisch als auch publizisti­sch Neuland betreten und dafür auch Lehrgeld bezahlt habe. Insbesonde­re habe sich in der Diskussion um das WSW-Gutachten „eine mediale Ausnahmesi­tuation ergeben“, die ohne externe Hilfe nicht mehr zu handhaben gewesen sei.

Vor seinem Amtsantrit­t als Administra­tor hatte Weihbischo­f Steinhäuse­r in Rom angefragt, ob er den Generalvik­ar aus seinem Amt entlassen könne. „Darauf hat mir Kurienkard­inal Marc Ouellet, quasi der Personalch­ef der Universalk­irche, gesagt: Nein, das können Sie nicht. Das hat meine Möglichkei­ten klar begrenzt“, so Steinhäuse­r in einem Gespräch mit unserer Zeitung.

Die 2,8 Millionen Euro stammen nach Aussage Hofmanns nicht unmittelba­r aus Kirchenste­uermitteln, sondern aus einem Sonderverm­ögen der Diözese. Dieser „Fonds für Bedürfniss­e des Bistums“ist durch Abgaben von Klerikern gebildet worden. Auch die Leistungen zur Anerkennun­g des Leids für die Betroffene­n sexualisie­rter Gewalt sind aus dem Fonds bestritten worden.

Delegat Markus Hofmann bat um seine Beurlaubun­g. Rom entschied bis zur Klärung des Sachverhal­ts dagegen.

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