Verführung mit Vanille
Vanille gilt als die „Königin der Gewürze“. Zum Backen und Kochen, vor allem aber in Desserts ist sie eine essentielle Zutat, die mit feinem Aroma überzeugt.
Was wäre Panna Cotta ohne Vanillestange? Oder Pancakes ohne Vanillezucker? Auch den berühmten Kipferln würde das gewisse Etwas fehlen. Zum frischen Apfelstrudel oder zu Roter Grütze gehört einfach etwas Vanilleeis, -soße oder -pudding. Die süßen dunklen Samenkörner aus der Schote bereichern unsere kulinarische Welt, vor allem viele Desserts, Kuchen und Plätzchen sind undenkbar ohne sie. Kein Wunder also, dass Vanille als „Königin der Gewürze“bezeichnet wird. Vor einigen Jahren wurde der Nachschub knapp, die Preise für die Schoten schossen in die Höhe. Doch nun scheint die Ernte wieder gesichert. Sogar die Discounter führen sie dauerhaft im Sortiment, und das in guter Qualität.
Eigentlich handelt es sich gar nicht um Schoten, sondern um fermentierte Kapselfrüchte verschiedener Orchideen-Arten. Die meistverbreitete Art, die Gewürzvanille, stammt ursprünglich aus Mexiko und Lateinamerika, wird aber mittlerweile auch rund um den Indischen Ozean angebaut, etwa in Madagaskar, Sri Lanka oder auf Réunion. Die besonders feine Bourbon-Vanille wird auf der Insel La Réunion angebaut, die früher Ile Bourbon hieß. Nur die Früchte von dieser und den benachbarten Inseln, etwa den Seychellen oder Mauritius, dürfen sich Bourbon nennen. Auch Vanille-Zucker gibt es in Bourbon-Qualität. Er ist meist etwas teurer, dafür aber etwas kräftiger im Geschmack und dunkler in der Farbe.
Der Anbau der sensiblen Pflanzen ist aufwändig, sie wachsen über Jahre, bis man Früchte ernten kann. Zudem müssen die Orchideen-Blüten häufig von Hand bestäubt werden. Wenn die circa 30 Zentimeter langen Schoten – oder besser Kapselfrüchte – geerntet werden, müssen sie lange trocknen, dann erst werden sie einem Fermentierungsprozess unterzogen. Dabei zieht sich die Kapsel zu der schwarz-braunen Stange zusammen, wie wir sie im Supermarkt, meist in kleinen Glasröhrchen, kaufen. Der langwierige Prozess sorgt für den Preis und macht Vanille neben Safran zu einem der teuersten Gewürze der Welt.
Luftdicht verschlossen und verpackt halten die Vanillestangen jahrelang. Wenn sie allerdings vertrocknet sein sollten, kann man sie im Mörser mahlen und das Extrakt noch zum Kochen verwendet. Zum
Kochen oder Backen kratzt man das schwarze Vanille-Mark aus der aufgeschlitzten Schote heraus und fügt es zum Beispiel Desserts oder einem Teig bei. Die ausgekratzte Schote kann man noch weiter verwenden, indem man sie etwa einer Suppe hinzufügt, denn sie besitzt ausgeschabt immer noch etwas angenehme Süße. Bei der Panna Cotta, einem auf Sahne basierenden italienischen Nachtisch, bei der der Vanillegeschmack etwas ausgeprägter sein darf, kocht man die aufgeschlitzte Schote mit der Sahne auf, so verteilen sich die schwarzen Samenkörnchen am besten, und das Aroma kann sich voll entfalten.
Nach dem Kochen entfernt man die Schote.
Wobei es nicht immer die ganze Vanille-Schote zum Kochen oder Backen sein muss. Bei manchen Gerichten, etwa zum Backen, reichen auch die verarbeiteten Produkte wie Vanille-Zucker oder das -Extrakt, die meist deutlich günstiger sind. Wobei die Stiftung Warentest, die gerade in der Ausgabe 12/2021 insgesamt 42 Vanille-Produkte getestet hat, zu dem Schluss kommt, dass der Vanillegehalt gerade der Fertig-Pasten meist sehr gering ist. Also besser auf Schoten oder Vanille-Zucker zurückgreifen. Bei den Schoten schneiden die von
Aldi Nord und Lidl im aktuellen Test am besten ab.
Vanillin ist der Hauptinhaltsstoff der Vanille und sorgt für den typisch lieblichen Geschmack. Je mehr Schote und Samenkörnchen davon enthalten, desto intensiver schmeckt es. Dieser Geschmack kann auch synthetisch hergestellt werden, etwa für Kosmetik, aber bei den von der Stiftung Warentest untersuchten Lebensmittel-Produkten enthielt keines synthetisches Aroma.
Vanillezucker ist ein Mix aus Kristallzucker und zerkleinerten Schoten, natürlichem Vanillearoma oder -extrakt. Laut Richtlinie des Bunds für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde soll Vanillezucker mindestens 6,25 Prozent Vanille enthalten. Bei den von der Stiftung Warentest untersuchten Produkten schnitten vor allem die Bio-Produkte gut ab, namentlich die von Alnatura, dmBio und ReweBio. Sie enthielten am meisten Vanille. Vanillezucker reicht häufig zum Backen aus, und man kann ihn leicht dosieren sowie auch selbst herstellen: Einfach eine aufgeschlitzte und bereits ausgekratzte Schote in ein Glas mit Zucker legen und einige Wochen luftdicht verschließen.
Die Vanillepasten dagegen bestehen häufig aus Invertzuckersirup, Agavendicksaft, Wasser und Zucker. Sie lassen sich als praktische Alternative zur Schote vermarkten. Angeblich soll ein Teelöffel Extrakt eine Schote ersetzen. Doch die Stiftung Warentest stellte fest, dass dies nicht reicht, weshalb die Produkte in der Deklaration ein Mangelhaft kassierten. Auch enthalten die Pasten meist viel weniger echte Vanille als angegeben. So kommt die Stiftung zu dem Ergebnis: Wer das Besondere sucht, sollte am besten zur ganzen Schote greifen.
Nicht nur der Geschmack der Vanille ist betörend, auch der Geruch hat es in sich. Kein Wunder, dass viele Parfums Extrakte enthalten. Im 18. und 19. Jahrhundert setzte man Vanille wegen ihrer belebenden Wirkung unter anderem auf die Geschlechtsorgane ein. Der Duft soll eine aphrodisierende Wirkung haben und die Liebeslust steigern. Angeblich rieben sich die Ureinwohnerinnen im alten Mexiko einst mit Vanilleschoten ein, um die Männer zu bezirzen. Das kann natürlich ausprobieren, wer will. Oder lieber ein paar schöne, duftenden Plätzchen backen – das lässt auch die Herzen höher schlagen. Liebe geht ja bekanntlich durch den Magen.