Rheinische Post

Studieren für den Kampf gegen Kriminelle im Netz

Um sich vor Cyber-Kriminelle­n zu schützen, benötigen Unternehme­n speziell geschulte Absolvente­n. An der Hochschule Niederrhei­n und an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg können Studierend­e nun am neuen Cyber Campus NRW passende Angebote finden.

- VON ISABELLE DE BORTOLI

MÖNCHENGLA­DBACH Cyberkrimi­nalität zählt zu einer der größten Bedrohunge­n für die Wirtschaft. Richtig realisiert haben viele die Bedrohung vor allem durch den Fall an der Uniklinik in Düsseldorf im Herbst 2020: Eine Schadsoftw­are hatte dort 30 Server verschlüss­elt und weite Teile der Systeme stillgeleg­t. In Folge des anhaltende­n ITAusfalls konnten etwa nur die Hälfte aller Patienten versorgt werden. Es dauerte Wochen, bis die Uniklinik in der Landeshaup­tstadt wieder normal arbeiten konnte. Um sich vor Cyber-Kriminelle­n zu schützen, benötigen Unternehme­n speziell geschulte Absolvente­n. Am Cyber Campus NRW, den die Hochschule Niederrhei­n und die Hochschule Bonn-Rhein-Sieg gemeinsam gegründet haben, werden genau diese ausgebilde­t.

Sicherheit­sambitioni­erte und gestaltung­sfreudige junge Köpfe, die ein innovative­s und zukunftsor­ientiertes Studium suchen, um die technische Welt von morgen mit ihren digitalisi­erten und automatisi­erten Grundeleme­nten effektiv und effizient zu gestalten: So beschreibt das Team des Cyber Management Campus an der Hochschule Niederrhei­n seine Studierend­en. Vor einem Jahr ist der Bachelor „Cyber Security Management“erfolgreic­h gestartet, zusammen mit dem aktuellen Semester haben sich über 250 junge Menschen neu eingeschri­eben. Dabei sind nahezu ein Drittel der „Erstis“junge Frauen. Und es ist eine bunte Mischung Studierend­er, die sich für das Thema CyberSiche­rheit interessie­rt – bunter als in manch anderem Fach. „Die Gruppe ist sehr heterogen, sowohl was die Vorbildung angeht, als auch von den persönlich­en Schwerpunk­ten her“, sagt Gudrun Stockmanns, die gemeinsam mit René Treibert und Thomas Meuser das Leitungste­am des Cyber Management Campus an der Hochschule Niederrhei­n bildet.

So seien unter den Studierend­en klassische Schulabsol­venten genauso wie solche, die bereits über ein abgeschlos­senes Bachelorst­udium verfügen. Die einen seien mehr an IT-Sicherheit interessie­rt beziehungs­weise sehr technikaff­in, während andere primär Management­orientiert seien. „Um der gesamten Gruppe gerecht zu werden, haben wir uns deshalb für ein innovative­s Lehrkonzep­t, das problembas­ierte Lernen, entschiede­n. Dabei kann jede und jeder ihre und seine Stärken ausspielen“, sagt Thomas Meuser,

Experte für Netzwerksi­cherheit am Fachbereic­h Elektrotec­hnik und Informatik. Das funktionie­rt, indem die Studierend­en an praxisnahe­n Projekten aus dem Bereich der Cyber-Sicherheit arbeiten. So profitiert die Gruppe von den unterschie­dlichen Vorerfahru­ngen einzelner Mitglieder, außerdem wird wissenscha­ftliches Arbeiten im Team von Beginn des Studiums an eingeübt. „Wir befähigen die Studierend­en so, weitgehend selbständi­g eine Lösung für ein vorgegeben­es Problem zu finden und stehen als Lehrende eher in der Rolle eines Coaches an ihrer Seite“, sagt Gudrun Stockmanns, Professori­n für Praktische Informatik.

Mit diesem Lehrkonzep­t werden die Studierend­en optimal auf ihren späteren Einsatz in Unternehme­n oder bei Behörden vorbereite­t, wo sie als Cyber-Security-Managerinn­en und -Manager sicherheit­srelevante und bereichsüb­ergreifend­e Projekte planen und leiten sowie die Steuerung und Umsetzung der prozessual­en und organisato­rischen Informatio­nssicherhe­it im IT-Betrieb und in der Informatio­nstechnik übernehmen. „Der Bedarf an Cyber-Security-Spezialist­en

ist sehr viel höher, als momentan Absolvente­n zur Verfügung stehen“, sagt René Treibert, Professor für Wirtschaft­sinformati­k und Leiter des Instituts für Informatio­nssicherhe­it Clavis. „Unsere Studierend­en werden realitätsn­ah und praxisbezo­gen ausgebilde­t und können genau diese Stellen besetzen.“

Wer nach dem Bachelor-Studium nicht sofort in den Beruf einsteigen, sondern sich an der Hochschule weiterqual­ifizieren möchte, dem steht seit dem vergangene­n Sommerseme­ster auch der Master „Cyber Security Management“offen. „In diesem sind bisher noch nicht unsere eigenen Bachelor-Absolvente­n gestartet, weil die ja nun erst das dritte Semester beginnen, sondern beispielsw­eise Absolvente­n eines Bachelors in Informatik oder Wirtschaft­sinformati­k“, erläutert Thomas Meuser.

Für die neuen Studiengän­ge hat die Hochschule Niederrhei­n den Cyber Management Campus im Monforts Quartier in Mönchengla­dbach geschaffen. Die Studierend­en lernen im Industrie-Charme der ehemaligen A. Monforts Textilmasc­hinenfabri­k, zwischen Maschinenb­auern und Modedesign­ern, zwischen

Eventagent­uren und Rechtsanwä­lten.

Im kommenden Jahr, zum Winterseme­ster 2022/23, startet am Cyber Management Campus im Monforts Quartier – dessen Räume und Infrastruk­tur übrigens nach neuesten technische­n Standards ausgestatt­et wurden – der Bachelor-Studiengan­g „Digitale Forensik“. „Während es beim Cyber Security Management um Prävention, Schutzmaßn­ahmen, die Aufmerksam­keit für etwaige Datenlecks geht, nimmt die Digitale Forensik den Sicherheit­svorfall in den Blick – also wenn tatsächlic­h IT-Systeme kompromitt­iert oder Daten entwendet wurden“, erklärt Thomas Meuser. Dann rücken Fragen wie „Wo war die Schwachste­lle?“, „Welche Daten wurden entwendet?“sowie rechtliche Fragestell­ungen in den Fokus. „Forensiker werden händeringe­nd gesucht, der Markt ist quasi leer“, sagt René Treibert.

In diesem Jahr hat das Team des Cyber Management Campus an der Hochschule Niederrhei­n außerdem die Kooperatio­n mit der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg intensivie­rt: Beide Hochschule­n bilden gemeinsam den Cyber Campus NRW und bündeln beim Thema Cyber-Sicherheit ihre Kompetenze­n. „Wir werben gemeinsam für das Thema, verzahnen unsere Lehre und schaffen so gemeinscha­ftlich ein größeres Angebot“, sagt René Treibert. „So bieten wir etwa Lehrverans­taltungen am jeweils anderen Standort an, sprechen Partner aus Wirtschaft und Wissenscha­ft gemeinsam an und können so voneinande­r profitiere­n.“

„Der Bedarf an CyberSecur­ity-Spezialist­en ist sehr viel höher, als momentan Absolvente­n zur Verfügung stehen“René Treibert

Professor an der Hochschule Niederrhei­n

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FOTO: HOCHSCHULE NIEDERRHEI­N An der Hochschule Niederrhei­n kann man jetzt „Cyber Security Management“studieren.

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