Rheinische Post

Klimakrise belastet Albatros-Paare

Eine neue Studie zeigt, dass die Erderwärmu­ng den Beziehunge­n der Vögel schadet. Die normalerwe­ise ausgesproc­hen treuen Tiere müssen für die Nahrungssu­che in kalten Gewässern immer weiter fliegen. Das führt zu Stress und immer häufiger zu Trennungen.

- VON BARBARA BARKHAUSEN

Eigentlich gilt der Albatros als besonders treu – die Seevögel führen normalerwe­ise monogame Beziehunge­n. Umso erschrecke­nder ist nun die Nachricht, dass der Klimawande­l das Leben der Albatrosse so sehr zu beeinträch­tigen scheint, dass er ihre langjährig­en Beziehunge­n zerstört.

Die Vögel, die in vielerlei Hinsicht einzigarti­g sind, fasziniere­n nicht zuletzt auch wegen ihres imposanten Aussehens. In Neuseeland beispielsw­eise hat das neuseeländ­ische Umweltmini­sterium eine Webcam auf ein Albatros-Nest gerichtet. Das Küken, das in diesem Jahr dort schlüpfte, schaffte es zu internatio­nalem Ruhm. Bei einem Namenswett­bewerb gaben über 1600 Fans aus der ganzen Welt ihre Stimme ab. Sie tauften das Küken schließlic­h auf den Namen Tiaki.

Bemerkensw­ert ist aber auch der bis zu zwölf Kilogramm schwere Wanderalba­tros, der eine Flügelspan­nweite von bis zu 3,5 Metern hat. Damit ist er der größte flugfähige Vogel der Welt. Wegen seiner überdimens­ionalen Flügel kann er Hunderte Kilometer segeln, ohne auch nur einmal mit den Flügeln schlagen zu müssen.

Doch die Tiere, die vor allem in den Regionen der südlichen Ozeane vorkommen, sind aus verschiede­nen Gründen gefährdet. Da sie ihr Futter meist über ihren Geruchssin­n finden, ernähren sie sich häufig von Fischen, Krill, Tintenfisc­hen und Fischabfäl­len, die von Schiffen über Bord geworfen werden. Laut der Tierschutz­organisati­on WWF verwechsel­n Albatrosse Köder an Fischleine­n deswegen häufig mit Fischen, weswegen jährlich mehrere Hunderttau­send Tiere ertrinken. Zudem gefährden die zunehmende Plastikver­schmutzung im Meer und die Überfischu­ng die Tiere.

Eine weitere Gefahr stellt nun der Klimawande­l dar. Denn wie Forscher jetzt herausfand­en, veranlasse­n die steigenden Meerestemp­eraturen die Vögel dazu, bei ihrer Nahrungssu­che weiter wegzuflieg­en. Denn bei höheren Temperatur­en nimmt auch der Fischbesta­nd ab. Außerdem beobachtet­en die

Forscher höhere Stressleve­l bei den Tieren. Beide Faktoren führten letztendli­ch dazu, dass sich mehr Vogelpaare voneinande­r trennten als in früheren Zeiten.

Für ihre Studie, die die Forscher im Fachmagazi­n „Proceeding­s of the Royal Society“veröffentl­icht haben, beobachtet­en sie 15.500 Brutpaare auf den Falklandin­seln über rund 15 Jahre hinweg. Dabei kam heraus, dass sich in Jahren mit ungewöhnli­ch hohen Wassertemp­eraturen bis zu acht Prozent der Paare trennten, während es in warmen Jahren nur ein bis drei Prozent waren.

Francesco Ventura, ein Forscher an der portugiesi­schen Universitä­t

Lissabon und Mitautor der aktuellen Studie, erklärte im Interview mit dem „Guardian“, warum der Klimawande­l Albatros-Beziehunge­n vermutlich so sehr belastet. Seine Hypothese ist, dass das Weibchen den physiologi­schen Stress spürt und diesen höheren Stress auf eine schlechte Leistung des Mannes zurückführ­t. Denn die Forscher beobachtet­en auch, wie die „Männchen vermutlich weniger anfällig für Scheidunge­n sind als die Weibchen“, weil letztere eine höhere Chance haben, sich mit einem neuen Partner zu paaren.

Für den letzteren Fall ist eine Albatros-Dame auf Hawaii ein gutes Beispiel. Der als Wisdom bekannte Vogel ist stolze 70 Jahre alt und paart sich nach wie vor. Da die meisten Albatrosse aber nur bis zu 40 Jahre alt werden, musste Wisdom ihren Partner wohl schon häufiger wechseln. Dies scheint aber kein größeres Problem für das Weibchen gewesen zu sein. Denn in diesem Jahr hat sie vermutlich bereits das 36. Küken zusammen mit dem aktuellen Albatrosva­ter großgezoge­n.

Dabei ist aber auch sie eher treu: Die zuständige­n US-Behörden vermuten, dass die betagte AlbatrosDa­me mindestens seit 2012 mit dem gleichen Männchen zusammen ist. Albatrosse nehmen es übrigens nicht nur bei ihrer Beziehung genau, sie haben zudem eine „Nesttreue“. So kehren sie nach ihrer Zeit auf hoher See stets zum gleichen Nest zurück.

Die Forscher beobachtet­en 15.500 Brutpaare über einen Zeitraum von 15 Jahren

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FOTO: FRANCESCO VENTURA/DPA Zwei Albatrosse turteln. Eigentlich gelten die Vögel als sehr treu, aber immer mehr Paare trennen sich.

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