Das bringt das anstehende Wahljahr
Nach der Entscheidung im Bund stehen 2022 vier wichtige Landtagswahlen an – allen voran die in NRW.
BERLIN Nach der Wahl ist vor den Wahlen. Kaum ist die Ampelregierung im Amt, kaum haben die Partner von SPD, Grünen und FDP ihre ersten kleinen Scharmützel hinter sich, da blicken die Strategen in den Parteizentralen – natürlich auch die der Opposition – auf das neue Jahr.
2022 bringt zwar vermutlich nicht gleich wieder einen Wachwechsel im Bundeskanzleramt, aber in einigen Staatskanzleien der Länder könnte ein Stühlerücken anstehen. Erst steht am 13. Februar die Bundesversammlung mit der Wahl des Bundespräsidenten an. Aber kurze Zeit später – nämlich am 27. – findet im Saarland schon die erste von vier Landtagswahlen des neuen Jahres statt. Und überall da, wo Bürger zum Urnengang aufgerufen sind, gibt es etwas zu verteidigen oder zu erobern. Vor allem mit Blick auf Macht- und Stimmenverteilung im Bundesrat kann es nach Lage und Ausgang der Landtagswahlen schwerer oder leichter für die Ampel im Bund werden, wenn zustimmungspflichtige Gesetze durch die Länderkammer müssen.
Die CDU wird deshalb alles tun, ihre Ministerpräsidenten, bei denen Wahlen anstehen, im Amt zu halten und der Ampelkoalition im Bund das Regieren so schwer wie möglich zu machen. Ministerpräsident Tobias Hans stellt sich im März im Saarland den Wählerinnen und Wählern, Laschet-Nachfolger Hendrik Wüst in Nordrhein-Westfalen und Daniel Daniel Günther in Schleswig-Holstein jeweils im Mai. Günther war es 2017 gelungen, SPD-Amtsinhaber Torsten Albig den Job in der Staatskanzlei zu entreißen und eine Jamaika-Koalition mit FDP und Grünen aufzulegen. Was womöglich als Modell für den Bund gedacht war, klappte dann wegen Schwäche der Unionsparteien nicht. Jetzt steht für Günther am 8. Mai seine erste Wiederwahl an. Günther hätte nichts gegen eine Neuauflage von Jamaika. Dafür geht er auch gerne mit dem bisherigen Grünen-Co-Vorsitzenden Robert Habeck auf eine Pferdewiese und lässt sich vor stolzen Konik-Pferden nahe der Nordsee ablichten. Die SPD schickt Thomas Losse-Müller als Spitzenkandidat gegen Günther ins Rennen.
Hans im Saarland wiederum, der für die seinerzeit noch ins Kanzleramt strebende Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer nachgerückt war, stellt sich erstmals den Wählerinnen und Wählern. Das gleiche gilt für Wüst in Nordrhein-Westfalen, der im bevölkerungsreichsten Bundesland gleich einmal testen kann, wie viel er auf die Waage bringt. Im Bundesrat bedeutet die Regerungsmacht in NRW sechs Stimmen, in SchleswigHolstein sind es vier, im Saarland sind es drei.
Wüst hat wenig Zeit, sich im Amt zu profilieren. Gewählt wird schon am 15. Mai. Er ist derzeit Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz und kann sich in dieser Funktion bundesweit zeigen. Zugleich aber muss er schauen, wie er in den Bund-Länder-Runden etwa den wetterwendischen CSU-Chef Martin Söder auf Kurs bringt. Für die SPD will NRW-Spitzenkandidat Thomas Kutschaty in der einstigen Herzkammer der deutschen Sozialdemokratie die Staatskanzlei am Rhein in Düsseldorf zurückerobern. Es könnten – je nach Koalition – sechs Stimmen im Bundesrat für Bundeskanzler Olaf Scholz sein.
Hans im Saarland wiederum muss sich auf eine Gegenkandidatin einstellen, die er bereits gut kennt. Für die SPD geht Anke Rehlinger als Spitzenkandidatin ins Rennen. Rehlinger ist Wirtschaftsministerin und stellvertretende Ministerpräsidentin in dem Bundesland, das lange in SPD-Hand war. Solange die Sozialdemokraten auch nur mitregieren, wird Hans der Ampel in Berlin kaum ein Bein stellen können, weil im Streitfall bei einer Abstimmung im Bundesrat gemeinhin Enthaltung angesagt wäre.
Gewählt wird auch in Niedersachsen, ebenfalls ein Sechs-StimmenLand im Bundesrat. Dort will Amtsinhaber Stephan Weil am 9. Oktober sein Amt verteidigen. Weil hatte 2017 eine furiose Aufholjagd gestartet und war im Schlussspurt dann doch noch an Herausforderer Bernd Althusmann von der CDU vorbeigezogen. Auch dieses Mal setzt CDULandeschef Althusmann, der Wirtschaftsminister im Kabinett Weil ist, auf Sieg.
Saarland, Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen: Wieder sind die Wählerinnen und Wähler gefragt. Und wieder werden womöglich politische Karrieren enden wie die von Albig oder Laschet oder Kramp-Karrenbauer aus jeweils sehr unterschiedlichen Gründen. Bube, Dame, König, As, Ministerpräsident(in). Das neue Jahr bringt Spannung. Und Geschichten über Sieger und Verlierer.