Glücksspiel als Gefahr: 22.435 Bürger neu gesperrt
Exzessive Spieler können sich seit dem Sommer automatisch für Anbieter blockieren lassen. Viele nutzen die neue Möglichkeit.
HALLE/BERLIN (dpa) Zahlreiche Menschen haben sich in ein übergreifendes System eintragen lassen, das sie für Glücksspiel sperrt. Seit Anfang Juli vergangenen Jahres haben sich nach aktuellen Angaben des Sprechers des federführenden Regierungspräsidiums Darmstadt 22.435 Menschen mit einem Eintrag in das zentrale System Oasis sperren lassen (Stand: 21. Dezember). Wenn sich ein Spieler dort anmeldet, ist er automatisch für Spielhallen, Spielbanken, Online-Casinos sowie Sportwetten gesperrt. Die Betreiber
dieser Angebote müssen vor dem Start abgleichen, ob ein Gast gesperrt ist, und ihm dann den Zugang verwehren. Das soll exzessiven Spielern den Ausstieg ermöglichen. Zum Jahresende 2020 waren bereits fast 47.000 Sperren in Oasis erfasst, wie aus dem Jahresreport der Glücksspielaufsichtbehörden der Länder hervorgeht. Mit dem neuen Glücksspielstaatsvertrag, der Anfang Juli 2021 in Kraft getreten ist, ist das Sperrsystem in ganz Deutschland einheitlich und spielformübergreifend. Man muss sich nun nicht mehr bei einzelnen Anbietern sperren lassen.
Neu ist auch die Limitdatei: Sie soll dafür sorgen, dass Spielerinnen und Spieler anbieterübergreifend nicht mehr als 1000 Euro im Monat einsetzen dürfen. Die Limits können individuell auch niedriger angesetzt werden. Aktuell seien elf Anbieter an das System angeschlossen, erklärte das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt, das das System betreut. Weitere sollten folgen. Zum Stichtag 8. Dezember 2021 seien 116.078 Spieler registriert gewesen.
Bislang setzten Spieler teils deutlich mehr Geld ein, erklärt Ilona Füchtenschnieder, Vorsitzende des bundesweiten Fachverbands Glücksspielsucht, nach Sichtung von Kontounterlagen in der Beratung. „Ein Mann hat etwa von März bis Oktober 36.000 Euro verspielt, erlaubt gewesen wären 8000 Euro. Bei einem anderen waren es 14.000 Euro in drei Monaten. Ohne dass Anbieter je geprüft hätten, ob die Leute überhaupt so viel Geld zur Verfügung haben“, kritisiert sie. Mit dem Spielerschutz durch den neuen
Staatsvertrag ist sie nicht zufrieden: Die Aufsicht müsste schlagkräftiger sein, sagt sie.
Eine Glücksspielsucht oder problematisches Glücksspielverhalten haben nach Angaben der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung rund 430.000 Menschen in Deutschland. Die Bundeszentrale warnt vor einem erhöhten Suchtrisiko beim Glücksspiel im Internet. Eigenen Studiendaten zufolge zeige jede fünfte spielende Person beim Zocken im Netz ein problematisches oder abhängiges Spielverhalten.