Rheinische Post

Bitcoin & Co. im Sinkflug – was tun?

Digitalwäh­rungen haben jüngst massiv an Wert verloren. Vor allem steigende Zinsen bremsen Investment­s. Anleger müssen vorsichtig sein.

- VON GEORG WINTERS

DÜSSELDORF Kryptowähr­ungen sind eine der Geldanlage­formen mit den größten Renditecha­ncen, aber auch mit den größten Risiken. Der Kurs der ersten und wohl bekanntest­en unter ihnen, dem Bitcoin, ist 2021 nach vielen Aufs und Abs in den Vorjahren explosions­artig gestiegen. Zwischen Anfang Januar und Mitte November 2021 hat er sich auf rund 68.000 US-Dollar (mehr als 60.000 Euro) mehr als verdoppelt. Aber binnen nicht einmal zwei Monaten hat er fast alles von diesem Plus wieder verloren. Am Freitagmor­gen lag er bei etwa 36.000 Dollar. Anderen Kryptowähr­ungen ging es zuletzt kaum besser. Manche verloren am vergangene­n Wochenende binnen 24 Stunden teilweise bis zu einem Drittel ihres Wertes. Anleger fragen sich, was sie tun sollen.

Warum stürzen die Kurse derart drastisch ab?

„Die Kryptowähr­ungen sind im Würgegriff der Zinswende“, so der Bitcoin-Experte Thilo Emden. Mit der Zinswende ist vor allem die in den USA gemeint; dort wurden zuletzt allein für dieses Jahr drei Anhebungen der Leitzinsen in Aussicht gestellt. Damit wollen die Amerikaner der starken Inflation entgegenwi­rken; die Rate war in den USA im Dezember des vergangene­n Jahres auf sieben Prozent gestiegen.

Warum schaden steigende Zinsen den Kryptokurs­en?

Je häufiger und je stärker die Zinsen steigen, umso interessan­ter werden für Anleger sogenannte zinstragen­de Produkte.

Zu denen gehören beispielsw­eise Staats- und Unternehme­nsanleihen. Mit wachsender Attraktivi­tät solcher Geldanlage­n sinkt der Reiz anderer Investment­s – auch der von Aktien, aber erst recht der von so hochspekul­ativen Anlagen wie den Kryptowähr­ungen.

Wie sind die Regulierun­gspläne weltweit?

Auch die wachsende Regulierun­g weltweit setzt dem Kurs des Bitcoin zu, weil sie den Spekulante­n das Leben schwer macht. China hat zuletzt das Mining, also das Schürfen von neuem Kryptogeld verboten, um den horrenden Energiever­brauch zu begrenzen. Allerdings hat das Schürfen damit nicht aufgehört; angeblich läuft es mancherort­s über Wasserkraf­twerke, deren Energieres­erven besonders leicht anzuzapfen sind. In Russland soll der Handel nur noch über ausländisc­he Börsen möglich sein; die Amerikaner arbeiten an einem Stablecoin, einer digitalen Währung, die an einen „stabilen“Reservewer­t wie den US-Dollar oder Gold gekoppelt ist. So soll die Schwankung­sanfälligk­eit im Verhältnis zu den Digitalwäh­rungen wie Bitcoin und Co. verkleiner­t werden.

Hat mehr Regulierun­g auch Vorteile für Anleger?

Je stärker die Aufsichtsb­ehörden die Entwicklun­g unter Kontrolle haben, desto weniger interessan­t ist das Ganze für die Zocker. Stärkere Regulierun­g bedeutet jedoch auch mehr Sicherheit. Und es könnten mehr institutio­nelle Investoren in den Markt drängen, die für steigende Kurse sorgen könnten.

Wie entwickelt sich der Bitcoinkur­s in nächster Zeit?

Manche Analysten sehen jetzt schon wieder die Zeit für Schnäppche­njäger. Doch Anleger sind vorsichtig­er geworden. „Viele Investoren haben sich in der Vergangenh­eit die Finger verbrannt“, so Experte Emden. Kurse von 100.000 Dollar, wie sie von manchen noch im Herbst des vergangene­n Jahres vorausgesa­gt wurden, sind gegenwärti­g nicht in Sicht.

Sollten Anleger jetzt kaufen? Vorsicht: Weil die Kursprogno­se schwierig ist, ist der Markt derzeit vor allem etwas für Zocker. Für alle anderen gilt die alte Börsenweis­heit: Niemals in ein fallendes Messer greifen. Heißt: So lange es keine Indizien für einen deutlichen Kursanstie­g gibt, sollte man noch nicht kaufen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany