Landtag streitet über PCR-Tests für Schüler
Die Opposition wirft der von CDU und FDP geführten Regierung vor, sie habe trotz der sich bereits abzeichnenden Priorisierung die Schulen zu spät informiert.
DÜSSELDORF Der Streit um PCRTests an Schulen und Kitas hat am Mittwoch die Debatte im Düsseldorfer Landtag dominiert. NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) verteidigte den Beschluss von Bund und Ländern, dass aufgrund der knappen Laborkapazitäten PCRTests prioritär bei besonders gefährdeten Gruppen eingesetzt werden müssten. „Es muss auch darum gehen, den Mangel zu beseitigen“, sagte der Ministerpräsident und versprach: „Wir werden alles tun, um unter den neuen Gegebenheiten die sicherste Lösung für die Kinder zu finden.“Das Land habe kurzfristig eine Anpassung der Schultestungen beschlossen.
Der neuen Regelung zufolge werden positive PCR-Pooltests künftig nicht mehr durch einzelne PCRNachtestungen aufgelöst, sondern nur noch durch Schnelltests. Das führte am Mittwoch dem Vernehmen nach in vielen Fällen dazu, dass kein Einzel-Schnelltest positiv anschlug, obwohl der Klassen-Pool zuvor positiv getestet worden war. Viele Lehrer und Schüler wussten also, dass sich mindestens ein positiv getestetes Kind in der Klasse befand, aber nicht welches.
Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) verteidigte die kurzfristigen Änderungen beim Testverfahren: Es sei von zwei Seiten angegriffen worden. Zum einen seien die Infektionszahlen sprunghaft gestiegen und die Labore an ihre Grenzen gekommen. Zum anderen müsse sich NRW an den Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) von Montag halten. Leider zählten Schüler nicht zu den von der MPK festgelegten priorisierten Gruppen, so Gebauer. Sie hätte sich gewünscht, dass auch das System Schule als systemrelevant und als Teil der kritischen Infrastruktur eingestuft werde, so Gebauer. Sie habe schnellstmöglich gehandelt und informiert. Das genau stellte die Bildungsexpertin der Grünen-Fraktion infrage: „Sie versuchen, uns eine Geschichte zu verkaufen, dass es eine bewusste Vorplanung gegeben habe.“
Auch NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) nahm die Priorisierung bei den PCRTests in Schutz. Es sei doch völlig unstreitig, dass medizinische Einrichtungen Vorrang haben müssten vor Schulen. Es gehe nicht darum, Gruppen gegeneinander auszuspielen, sondern darum, mit den begrenzten Testkapazitäten bestmöglich auszukommen. Auf die Frage, warum nicht auf zusätzliche TestKapazitäten in Zusammenarbeit mit den Veterinärämtern zugegriffen werde, erwiderte Gebauer: „Es war bisher nicht notwendig, weitere Laborkapazitäten in Anspruch zu nehmen.“
SPD-Oppositionsführer Thomas Kutschaty warf der CDU-/FDPLandesregierung vor, die Pläne einer Priorisierung seien schon vor der Ministerpräsidentenkonferenz am Montag den Chefs der Staatskanzlei bekannt gewesen: „Warum haben sie nicht früher gehandelt und machen ein solches Kommunikationschaos?“Erst in der Nacht zum Mittwoch seien die Schulen um 22.14 Uhr über das neue Testkonzept informiert worden: „Das ist kein Respekt vor unseren Lehrern.“
Grünen-Fraktionschefin Josefine Paul warf die Frage auf, ob die Schulen überhaupt in der Lage seien, diese Ad-hoc-Anpassung umzusetzen. Zudem sei unklar, welche Schnelltests verwendet werden sollten. Das Mantra der Betreuungsgarantie reiche allein nicht aus. „Wenn Sie nicht endlich gegensteuern, dann schließen sich die Schulen von selbst und erledigt sich jedes pädagogische Programm in den Kitas“, warnte Paul.
NRW-Familienminister Joachim Stamp (FDP) kündigte an, dass auch
das Testsystem an Kitas kurzfristig umgestellt werden könne. Derzeit nähmen noch etwa 29 Prozent der Kinder an den PCR-Pool-Tests in den Einrichtungen teil. „Angesichts der neu zu treffenden Priorisierung haben wir jetzt eine Verknappung der Kapazitäten. Dementsprechend muss vor Ort priorisiert werden“, sagte Stamp. Den Jugendämtern, die eine PCR-Pool-Testung etabliert hätten, habe sein Ministerium nun angeboten, kurzfristig in das Liefersystem des Landes zurückzukehren. „Sie können dann umgehend wieder mit den drei Tests pro Woche beliefert werden“, sagte Stamp zu.
Wüst erklärte, auch wenn Omikron zu milderen Verläufen führe, schließe der Expertenrat eine Überlastung des Gesundheitssystems nicht aus. Deshalb sei es richtig, dass die geltenden Maßnahmen beibehalten würden. Wüst forderte, man müsse in beide Richtungen denken: Wenn stärkere Belastungen drohten, müssten weitere Maßnahmen ergriffen werden. Bund und Länder hätten auch verabredet, Öffnungsperspektiven in den Blick zu nehmen: „Wir sind in einer Umbruchphase der Pandemie“. Die Menschen im Land bräuchten Perspektiven
für eine schrittweise Rückkehr zur Normalität.
Einen besonders harten Schlagabtausch lieferten sich CDU-Fraktionschef Bodo Löttgen und sein SPD-Kollege Kutschaty. Löttgen warf Kutschaty vor, er bemühe alternative Fakten – etwa wenn er die Wirksamkeit der Schnelltests an den weiterführenden Schulen infrage stelle. „Sie wussten, dass die Tests CE-zertifiziert sind und vom Paul-EhrlichInstitut als geeignet und dem Stand der Technik entsprechend eingestuft wurden“, sagte Löttgen. „Sie versuchen, durch selbst ausgelöste Verunsicherung der Landesregierung Schaden zuzufügen“, rief Löttgen. Kutschaty warf im Gegenzug Löttgen vor, Fake News zu verbreiten, indem er der SPD unterstellt habe, in Corona-Zeiten würde die SPD Reisen veranstalten oder ihn falsch zitiert habe: „Passen Sie auf, dass Sie sich nicht noch mal entschuldigen müssen.“Und zu den Tests wiederholte der Oppositionsführer seine Kritik, die ursprünglich eingesetzten hätten eine Sensitivität von 76 Prozent gehabt, die neuen von 58 beziehungsweise 62 Prozent: „Das ist weniger gut als vorher.“
Zur Sprache kam bei der Debatte auch die aufgeheizte Stimmung im Land bei den sogenannten Corona-Spaziergängen. Wüst sagte, natürlich gelte das Demonstrationsrecht: „Aber Gewalt gegen Amtsträger können und dürfen wir nicht hinnehmen. Diese Aggressionen treffen ausgerechnet diejenigen Menschen, die unsere Gesellschaft zusammenhalten.“