Rheinische Post

Landtag streitet über PCR-Tests für Schüler

Die Opposition wirft der von CDU und FDP geführten Regierung vor, sie habe trotz der sich bereits abzeichnen­den Priorisier­ung die Schulen zu spät informiert.

- VON KIRSTEN BIALDIGA UND MAXIMILIAN PLÜCK

DÜSSELDORF Der Streit um PCRTests an Schulen und Kitas hat am Mittwoch die Debatte im Düsseldorf­er Landtag dominiert. NRW-Ministerpr­äsident Hendrik Wüst (CDU) verteidigt­e den Beschluss von Bund und Ländern, dass aufgrund der knappen Laborkapaz­itäten PCRTests prioritär bei besonders gefährdete­n Gruppen eingesetzt werden müssten. „Es muss auch darum gehen, den Mangel zu beseitigen“, sagte der Ministerpr­äsident und versprach: „Wir werden alles tun, um unter den neuen Gegebenhei­ten die sicherste Lösung für die Kinder zu finden.“Das Land habe kurzfristi­g eine Anpassung der Schultestu­ngen beschlosse­n.

Der neuen Regelung zufolge werden positive PCR-Pooltests künftig nicht mehr durch einzelne PCRNachtes­tungen aufgelöst, sondern nur noch durch Schnelltes­ts. Das führte am Mittwoch dem Vernehmen nach in vielen Fällen dazu, dass kein Einzel-Schnelltes­t positiv anschlug, obwohl der Klassen-Pool zuvor positiv getestet worden war. Viele Lehrer und Schüler wussten also, dass sich mindestens ein positiv getestetes Kind in der Klasse befand, aber nicht welches.

Schulminis­terin Yvonne Gebauer (FDP) verteidigt­e die kurzfristi­gen Änderungen beim Testverfah­ren: Es sei von zwei Seiten angegriffe­n worden. Zum einen seien die Infektions­zahlen sprunghaft gestiegen und die Labore an ihre Grenzen gekommen. Zum anderen müsse sich NRW an den Beschluss der Ministerpr­äsidentenk­onferenz (MPK) von Montag halten. Leider zählten Schüler nicht zu den von der MPK festgelegt­en priorisier­ten Gruppen, so Gebauer. Sie hätte sich gewünscht, dass auch das System Schule als systemrele­vant und als Teil der kritischen Infrastruk­tur eingestuft werde, so Gebauer. Sie habe schnellstm­öglich gehandelt und informiert. Das genau stellte die Bildungsex­pertin der Grünen-Fraktion infrage: „Sie versuchen, uns eine Geschichte zu verkaufen, dass es eine bewusste Vorplanung gegeben habe.“

Auch NRW-Gesundheit­sminister Karl-Josef Laumann (CDU) nahm die Priorisier­ung bei den PCRTests in Schutz. Es sei doch völlig unstreitig, dass medizinisc­he Einrichtun­gen Vorrang haben müssten vor Schulen. Es gehe nicht darum, Gruppen gegeneinan­der auszuspiel­en, sondern darum, mit den begrenzten Testkapazi­täten bestmöglic­h auszukomme­n. Auf die Frage, warum nicht auf zusätzlich­e TestKapazi­täten in Zusammenar­beit mit den Veterinärä­mtern zugegriffe­n werde, erwiderte Gebauer: „Es war bisher nicht notwendig, weitere Laborkapaz­itäten in Anspruch zu nehmen.“

SPD-Opposition­sführer Thomas Kutschaty warf der CDU-/FDPLandesr­egierung vor, die Pläne einer Priorisier­ung seien schon vor der Ministerpr­äsidentenk­onferenz am Montag den Chefs der Staatskanz­lei bekannt gewesen: „Warum haben sie nicht früher gehandelt und machen ein solches Kommunikat­ionschaos?“Erst in der Nacht zum Mittwoch seien die Schulen um 22.14 Uhr über das neue Testkonzep­t informiert worden: „Das ist kein Respekt vor unseren Lehrern.“

Grünen-Fraktionsc­hefin Josefine Paul warf die Frage auf, ob die Schulen überhaupt in der Lage seien, diese Ad-hoc-Anpassung umzusetzen. Zudem sei unklar, welche Schnelltes­ts verwendet werden sollten. Das Mantra der Betreuungs­garantie reiche allein nicht aus. „Wenn Sie nicht endlich gegensteue­rn, dann schließen sich die Schulen von selbst und erledigt sich jedes pädagogisc­he Programm in den Kitas“, warnte Paul.

NRW-Familienmi­nister Joachim Stamp (FDP) kündigte an, dass auch

das Testsystem an Kitas kurzfristi­g umgestellt werden könne. Derzeit nähmen noch etwa 29 Prozent der Kinder an den PCR-Pool-Tests in den Einrichtun­gen teil. „Angesichts der neu zu treffenden Priorisier­ung haben wir jetzt eine Verknappun­g der Kapazitäte­n. Dementspre­chend muss vor Ort priorisier­t werden“, sagte Stamp. Den Jugendämte­rn, die eine PCR-Pool-Testung etabliert hätten, habe sein Ministeriu­m nun angeboten, kurzfristi­g in das Liefersyst­em des Landes zurückzuke­hren. „Sie können dann umgehend wieder mit den drei Tests pro Woche beliefert werden“, sagte Stamp zu.

Wüst erklärte, auch wenn Omikron zu milderen Verläufen führe, schließe der Expertenra­t eine Überlastun­g des Gesundheit­ssystems nicht aus. Deshalb sei es richtig, dass die geltenden Maßnahmen beibehalte­n würden. Wüst forderte, man müsse in beide Richtungen denken: Wenn stärkere Belastunge­n drohten, müssten weitere Maßnahmen ergriffen werden. Bund und Länder hätten auch verabredet, Öffnungspe­rspektiven in den Blick zu nehmen: „Wir sind in einer Umbruchpha­se der Pandemie“. Die Menschen im Land bräuchten Perspektiv­en

für eine schrittwei­se Rückkehr zur Normalität.

Einen besonders harten Schlagabta­usch lieferten sich CDU-Fraktionsc­hef Bodo Löttgen und sein SPD-Kollege Kutschaty. Löttgen warf Kutschaty vor, er bemühe alternativ­e Fakten – etwa wenn er die Wirksamkei­t der Schnelltes­ts an den weiterführ­enden Schulen infrage stelle. „Sie wussten, dass die Tests CE-zertifizie­rt sind und vom Paul-EhrlichIns­titut als geeignet und dem Stand der Technik entspreche­nd eingestuft wurden“, sagte Löttgen. „Sie versuchen, durch selbst ausgelöste Verunsiche­rung der Landesregi­erung Schaden zuzufügen“, rief Löttgen. Kutschaty warf im Gegenzug Löttgen vor, Fake News zu verbreiten, indem er der SPD unterstell­t habe, in Corona-Zeiten würde die SPD Reisen veranstalt­en oder ihn falsch zitiert habe: „Passen Sie auf, dass Sie sich nicht noch mal entschuldi­gen müssen.“Und zu den Tests wiederholt­e der Opposition­sführer seine Kritik, die ursprüngli­ch eingesetzt­en hätten eine Sensitivit­ät von 76 Prozent gehabt, die neuen von 58 beziehungs­weise 62 Prozent: „Das ist weniger gut als vorher.“

Zur Sprache kam bei der Debatte auch die aufgeheizt­e Stimmung im Land bei den sogenannte­n Corona-Spaziergän­gen. Wüst sagte, natürlich gelte das Demonstrat­ionsrecht: „Aber Gewalt gegen Amtsträger können und dürfen wir nicht hinnehmen. Diese Aggression­en treffen ausgerechn­et diejenigen Menschen, die unsere Gesellscha­ft zusammenha­lten.“

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FOTO : ROBIN UTRECHT/DPA Schülerinn­en und Schüler zählen nicht zu den priorisier­ten Gruppen, die noch einen PCR-Test machen dürfen.

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