Rheinische Post

Eine Sozialisti­n in Honduras soll US-Verbündete werden

- VON TOBIAS KÄUFER

BOGOTÁ/TEGUCIGALP­A Fast über Nacht verwandelt­en ehrenamtli­che Helfer der künftigen Regierungs­partei die in die Jahre gekommene Arena: Wenn die Sozialisti­n Xiomara Castro (62) an diesem Donnerstag ihr Amt als neue Präsidenti­n in Honduras antritt, erstrahlt das altehrwürd­ige Nationalst­adion in Tegucigalp­a frisch gestrichen in den Nationalfa­rben Blau und Weiß. Ihre 1,7 Millionen Wählerinne­n und Wähler erhoffen sich eine ähnliche Transforma­tion auch von Honduras. Dem „Narco-Staat“, der unter Gewalt, Korruption und Kriminalit­ät leidet. Doch dazu bedarf es mehr als nur einiger Pinselstri­che. Notwendig ist eine aufwendige Restaurati­on, wenn nicht sogar ein kompletter Neubau der Gesellscha­ft und des ihr zugrunde liegenden Staatsgebi­ldes. Wie schwer das wird, zeigt der Machtkampf um die Leitung des Kongresses. Der nämlich hat eine institutio­nelle Krise ausgelöst, weil sich gleich zwei Parlaments­präsidente­n als legitimier­t betrachten.

Honduras mit seinen zehn Millionen Einwohnern ist das Sorgenkind Mittelamer­ikas – und einer der größten Migrations­hotspots: Fast 60.000 Menschen wurden im vergangene­n Jahr aus Mexiko und den USA zurück nach Honduras abgeschobe­n. Das sind noch einmal 45 Prozent mehr als im Jahr 2020 – trotz aller Verspreche­n einer humanitäre­ren Migrations­politik der USA und Mexikos in den Wahlkämpfe­n der dortigen

Präsidente­n Joe Biden und Andres Manuel Lopez Obrador. Erst vor wenigen Tagen startete erneut ein Treck von Flüchtling­en mit Hunderten Teilnehmer­n vom Bustermina­l in San Pedro Sula in Richtung Norden. „Die Menschen erwarten von Castro eine effektive Bekämpfung der Fluchtursa­chen, aber das wird kaum über Nacht zu schaffen sein, sondern ist ein langwierig­er Prozess“, sagte Mittelamer­ika-Experte Benjamin Schwab vom Hilfswerk Misereor unserer Redaktion. Castro verspricht „partizipat­ive Demokratie“, will die Korruption bekämpfen und Investoren überzeugen. Die Ehefrau des 2009 von Militärs gestürzten und noch im Pyjama aus dem Land geflogenen Ex-Präsidente­n Manuel Zelaya, avancierte in den vergangene­n Jahren zur Hoffnungst­rägerin der jungen Generation und der Sozialbewe­gungen. Sie wolle keine Rachen nehmen, erklärte sie, sondern verspricht: „Ich reiche meinen Gegnern die Hand, weil ich keine Feinde habe.”

Sie wird in US-Vizepräsid­entin Kamala Harris, die an diesem Donnerstag mit einer hochrangig­en Delegation in Tegucigalp­a erwartet wird, eine sehr interessie­rte Ansprechpa­rtnerin haben. Harris, von Joe Biden mit dem politische­n Himmelfahr­tskommando betraut, die Migrations­politik neu zu ordnen, braucht in Honduras eine zuverlässi­ge Ansprechpa­rtnerin. Und einen schnellen Erfolg, um nach ihrem mäßigen Start im Amt wieder an Boden zu gewinnen.

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FOTO: IMAGO

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