Rheinische Post

Gastronom hat kein Recht auf Entschädig­ung

Ein Virus, das eine Zwangsschl­ießung auslöst, muss in den Versicheru­ngsbedingu­ngen genannt sein, so der BGH. Sonst gibt`s kein Geld.

- VON GEORG WINTERS

DÜSSELDORF/KARLSRUHE In der Pandemie haben viele deutsche Gastronome­n während der Lockdowns in den beiden vergangene­n Jahren ihr Lokal vorübergeh­end schließen müssen. Das hat erhebliche finanziell­e Schäden bei den Unternehme­n verursacht – von denen die Gastwirte wenigstens einen Teil von ihren Versichere­rn zurückzube­kommen hofften. Schließlic­h hatten sie ja eine Betriebsau­sfallversi­cherung abgeschlos­sen in der Hoffnung, die würde auch in der Pandemie gelten.

Tut sie aber in vielen Fällen nicht. Der Bundesgeri­chtshof (BGH) hat am Mittwoch ein Urteil im Sinne der Versichere­r gefällt. Die müssen nach solchen Ausfällen nur dann zahlen, wenn ein Krankheits­erreger,

der eine Zwangsschl­ießung eines Lokals auslöst, ausdrückli­ch in den Versicheru­ngsbedingu­ngen genannt ist. Genau mit dem Argument hatten sich bereits einige Versichere­r in der jüngeren Vergangenh­eit geweigert, vermeintli­che Kundenansp­rüche zu regulieren. Und der BGH hat ihnen darin nun Recht gegeben (Az.: IV ZR 144/21).

Nun ist es so, dass die Bedingunge­n in den Vertragswe­rken aus einer Zeit stammen, in der uns allen Corona und die Auswirkung­en des Virus auf die Wirtschaft noch völlig fremd waren. Das liegt sozusagen in der Natur der Sache, hat die Karlsruher Richter aber nicht in ihrer Entscheidu­ng beeinfluss­t. Tenor: Der Versicheru­ngsnehmer kann nicht erwarten, dass ein Versichere­r bei allen Krankheite­n nach dem Infektions­chutzgeset­z

zahlt, denn dann würde eine Auflistung der konkreten Erreger in den Bedingunge­n keinen Sinn mehr machen. Das heißt: Wer als Kunde sein Unternehme­n gegen einen corona-bedingten Betriebsau­sfall hätte versichern wollen, hätte das vorher mit dem Versichere­r klären müssen. Sars-Cov-2 oder Covid-19 hätten in der ErregerLis­te also explizit genannt werden müssen. Viele Unternehme­n haben sich mit der Police, die sie hatten, auf der sicheren Seite gewähnt.

Einer von ihnen ist Marco Ceccaroli, der in Travemünde an der Ostsee ein Restaurant betreibt und dessen Fall am Mittwoch in Karlsruhe verhandelt wurde. Das Lokal musste im März 2020 während des ersten Lockdowns geschlosse­n bleiben. Zwei Monate lang. Konsequenz: null

Umsatz im Lokal, teilweise wenigstens etwas Einnahmen über den Außer-Haus-Verkauf. Aber das hat die Aufwendung­en nicht decken können. Die Betriebsko­sten liefen weiter. Der Vermieter wollte Geld, die Beschäftig­ten mussten bezahlt werden. Ceccaroli ging zur Axa und hoffte auf 40.000 Euro. Doch der Kölner Versichere­r zahlte nicht – mit obiger Begründung. Ceccaroli klagte, aber ohne Erfolg.

So wie ihm mag es vielen anderen Betrieben in Deutschlan­d gehen. Auch den mehr als 150, die wie Ceccaroli den Weg bis zum BGH nach Karlsruhe gegangen sind. Ihnen dürfte das Pilotverfa­hren mit der Niederlage des Restaurant­betreibers aus Schleswig-Holstein wenig Mut machen. Auch wenn die Ausgangsla­ge in einzelnen Fällen

unterschie­dlich sein kann, am Ende kommt es darauf an, welche Klauseln die Versichere­r beim Ausschluss bestimmter Haftungsgr­ünde verwendet haben. Hierzu hat der BGH noch weitere Entscheidu­ngen zu treffen. In den wenigsten Policen, die angepasst wurden, dürfte die Pandemie als versichert­er Grund für eine Haftungspf­licht des Versichere­rs aufgeführt sein. Wer das wollte, müsste vermutlich deutlich mehr zahlen. „Das Urteil bringt Rechtssich­erheit für Verträge mit identische­n Klauseln. Grundsätzl­ich können wir die Enttäuschu­ng von Gastronome­n und Hoteliers verstehen, wenn Versichere­r Zahlungen ablehnen“; sagte ein Sprecher des Versichere­rverbandes GDV. „Versichere­r können aber nur das bezahlen, was versichert ist.“

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FOTO: DPA

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