Justiz prüft Verfahren gegen Gas-Discounter
Stromio und Gas.de ließen Kunden mit plötzlichen Kündigungen im Regen stehen. Nun prüft die Staatsanwaltschaft Ermittlungen.
DÜSSELDORF Für Zehntausende Kunden war es ein Schock: Stromio und Gas.de stellten mitten im Winter die Belieferung mit Strom und Gas ein. Von einem Tag auf den anderen fanden sich die Bürger in der oft teuren Grundversorgung wieder. Zugleich mussten Stadtwerke plötzlich Zehntausende Kunden zusätzlich versorgen. Beide Unternehmen werden vom selben Geschäftsführer geitet. Die Firmen müssen sich nun gegen Vorwürfe wehren.
Gas.de und Stromio sitzen in Kaarst, beide in der Girmes-KreuzStraße 55. Beide bieten unter dem Namen Grünwelt Ökostrom und klimaneutrales Gas an. Die Werbebotschaften sind poppig: „unschlagbar günstig“und „Wir machen die Welt ein bisschen grüner“.
Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf prüft, ob sie ein Ermittlungsverfahren einleitet: „Im Zusammenhang mit Kündigungen durch Gas- und Stromanbieter liegt der Staatsanwaltschaft Düsseldorf eine Strafanzeige vor“, erklärte die zuständige Staatsanwältin. „Derzeit wird der Anfangsverdacht geprüft, also ob es zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine mögliche Straftat gibt. Die Bejahung eines solchen Anfangsverdachts ist erforderlich, um strafrechtliche Ermittlungen einleiten zu können.“Grundsätzlich prüft die Justiz in solchen Fällen, ob es sich um Vermögensdelikte handelt.
Stromio und Gas.de ließen über ihren Anwalt erklären: „Unsere Mandanten haben keine Kenntnis von einer Strafanzeige oder etwaigen Vorermittlungen der Staatsanwaltschaft Düsseldorf. Sollte die Staatsanwaltschaft Vorgänge in Bezug auf unsere Mandanten prüfen, werden unsere Mandanten vollumfänglich mit den Behörden kooperieren.“
Die Bundesnetzagentur geht laut „Spiegel“dem Verdacht nach, dass die Unternehmen in den vergangenen Wochen ihr Gas und ihren Strom im Großhandel zu Höchstpreisen verkauft haben – und dann ihren Haushaltskunden mit den günstigen Verträgen gekündigt haben. Wenn das stimmt, hätten die Unternehmen prächtig verdient: Vor Weihnachten hatten sich allein die Gaspreise vervierfacht.
Die Netzagentur erklärte, keine Auskünfte zu einzelnen Unternehmen erteilen zu können. Sie betonte aber: „Bei Verstößen von Unternehmen
gegen das Energiewirtschaftsgesetz kann die Netzagentur aufsichtsrechtliche Schritte einleiten. Dabei wird jeweils berücksichtigt, inwieweit sich Anhaltspunkte für systematische Missstände ergeben.“
Stromio und Gas.de ließen über den Anwalt mitteilen: „Unsere Mandanten bedauern es ausdrücklich, dass Erdgas- und Stromlieferverträge aufgrund der historisch einmaligen Preisentwicklung am Energiemarkt gekündigt werden mussten.“Der Gas- und Strompreis für Lieferungen in der Winterzeit habe sich auf den Beschaffungsmärkten in der Spitze um mehr als 400 Prozent im Vergleich zum Vorjahr erhöht. „Vor diesem Hintergrund bitten unsere Mandanten ihre Kunden um Verständnis, dass Verträge gekündigt werden mussten. Unsere Mandanten werden bestehende Kundenbeziehungen sachgerecht und kundenorientiert abwickeln“, so die Anwälte. Stromio hatte im Dezember alle Stromverträge gekündigt, Gas.de seine Gasverträge.
Der Geschäftsführer der Unternehmen führt auch die Geschäfte der Callax Holding GmbH, die in Monheim sitzt und Call-by-Call-Anrufe anbietet.
Die Massen-Kündigungen alarmieren auch die Politik. NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) sagte unlängst: „Die Verbraucherzentrale spielt eine wichtige Rolle, indem sie den Verbrauchern Hilfestellung gegen die zu Unrecht gekündigten Lieferverträge der Discounter bietet.“Die Verbraucherzentrale NRW kritisiert: „Die einseitige Vertragskündigung von Stromio und die verzögerte Mitteilung an die Betroffenen ist skandalös.“Die Haushalte fielen zwar automatisch in die Ersatzversorgung, meist der Stadtwerke. Doch einige Stadtwerke verlangen nun von ihnen Preise, die um ein Vielfaches höher liegen als die der Bestandskunden. Die Verbraucherzentrale mahnte drei Stadtwerke ab.
Die spannende Frage bleibt, was Netzagentur und Politik grundsätzlich mit Discount-Anbietern machen. Eon-Chef Leonhard Birnbaum erwartet, dass Dutzende Anbieter verschwinden, wie er unlängst sagte: „Um die unsoliden Spekulanten, die die Kunden im Regen stehen lassen und das Weite suchen, ist es nicht schade, im Gegenteil. Sie haben – anders als Eon – ihre Lieferversprechen nicht abgesichert und nur auf den kurzfristigen Profit geschaut.“
„Die einseitige Vertragskündigung von Stromio ist skandalös“Verbraucherzentrale NRW