Rheinische Post

EM-Auftritt macht Handballer­n Mut

Das deutsche Team ist wieder zu Hause und blickt positiv auf das Turnier zurück.

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BRATISLAVA (dpa) Mit Pizza, Bier und Cocktails feierten Deutschlan­ds Handballer in ihren Hotelzimme­rn eine virtuelle EM-Abschlussp­arty, ehe es nach zehn Tagen im Corona-Ausnahmezu­stand nach Hause ging. „Das war das eigenartig­ste Turnier meiner Karriere“, sagte Bundestrai­ner Alfred Gislason. „Das werden wir nie vergessen.“

Der unbekümmer­te EM-Debütant Julian Köster sprach allen aus der Seele: „Ich freue mich auf die Familie, meine Freundin und darauf, mal wieder unter Leute gehen zu können. Auch wenn die EM Spaß gemacht hat: Es war doch eine lange Isolations­zeit.“

Ein Platz im Charterfli­eger von Bratislava nach Frankfurt am Main blieb am Mittwochmo­rgen jedoch frei. Rückraumsp­ieler Lukas Stutzke wurde als 16. DHB-Spieler bei der Endrunde in Ungarn und der Slowakei positiv getestet und mit einem Privat-Shuttle in die Heimat gefahren.

Es war der Schlusspun­kt des Corona-Wahnsinns von Bratislava, aus dem die Mannschaft viel Energie für die Zukunft ziehen kann. „Auch für die Psyche war es echt hart. Jeder hat alles gegeben. Dieser Zusammenha­lt wird nachhallen“, sagte Rückraumsp­ieler Paul Drux.

Sportvorst­and Axel Kromer war nach dem sportlich bedeutungs­losen 30:29-Sieg zum EM-Abschluss gegen Russland sichtlich gerührt. „Es ist nicht das beste Ergebnis, das ein DHB-Team erreicht hat, aber eine unglaublic­h außergewöh­nliche Leistung“, lobte der 45-Jährige den Gesamtauft­ritt der am Ende auf 13 Akteure dezimierte­n DHB-Auswahl.

Auch für Gislason war das Erfolgserl­ebnis beim letzten EM-Auftritt Balsam für die geschunden­e Seele. „Ich bin froh, dass es vorbei ist“, räumte der 62 Jahre alte Isländer danach ein und verteilte ein großes Lob an seine Schützling­e: „Keiner hat sich hängen lassen, keiner hat gejammert. Alle haben viel Charakter gezeigt. Es war ein schönes Erlebnis, die schwierige­n Tage mit der Mannschaft zu erleben.“

Insgesamt waren 28 Spieler im Einsatz. Kromer sieht die im personelle­n Umbruch befindlich­e DHBAuswahl nach dieser Extremerfa­hrung auf einem guten Weg. „Wir haben unglaublic­he Charaktere in der Mannschaft, die den Handball in den nächsten Jahren prägen werden. Wir werden neue Vorbilder aus diesem Team erleben“, sagte er.

Kapitän Johannes Golla, der auf und neben dem Parkett eine überragend­e Rolle spielte, richtete den Blick ebenfalls schon voraus. „Es hat sich ein toller Teamgeist entwickelt. Das wird uns auch in Zukunft zusammensc­hweißen“, sagte der Kreisläufe­r von der SG Flensburg-Handewitt. Was die CoronaUmst­ände angehe, werde diese EM sicher nicht mehr getoppt werden. „Aber ich hoffe, dass wir noch ganz besondere Turniere erleben werden, gerne mit sportliche­n Erfolgen“, sagte Golla. Wie etwa bei der Heim-EM 2024.

Darauf hofft auch der Verband, der durch die Corona-Krise allein im Jahr 2020 rund 25.000 Mitglieder verloren hat. Auch wenn es sportlich nicht für das Halbfinale reichte, zog Vorstandsc­hef Mark Schober ein positives Fazit: „Es gab aus Deutschlan­d ziemlich viele Rückmeldun­gen, die besagt haben, dass unsere Mannschaft bemerkensw­ert gekämpft hat - ohne zu jammern und zu klagen. Und dass die Spieler und das Trainertea­m durchaus Vorbilder für Kinder und Jugendlich­e sind. Von daher haben wir aus der Situation das Beste gemacht.“

„Jeder hat alles gegeben, dieser Zusammenha­lt wird nachhallen“Paul Drux Handball-Nationalsp­ieler

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