Rheinische Post

„Hallenhock­ey kann Massen begeistern“

Die Spielführe­rin der Damen des Düsseldorf­er HC steht mit ihrem Team am Wochenende in der Endrunde der Deutschen Meistersch­aft.

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Frau Oruz, die DHC-Damen haben das Halbfinale um die Deutsche Hallenhock­eymeisters­chaft kampflos erreicht, weil die Zehlendorf­er Wespen corona-bedingt zurückgezo­gen hatten. Ist das vor der Endrunde ein Vorteil oder ein Nachteil?

SELIN ORZUZ Unser Kader ist so stark, dass wir auch in Trainingss­pielen immer gefordert sind. Was dabei aber zwangsläuf­ig fehlt, ist der positive Stress von K.o.-Spielen, der noch einmal eine ganz andere Herausford­erung ist. Das der uns jetzt fehlte, muss uns nicht zum Nachteil gereichen, aber ich persönlich hätte – wie die meisten meiner Mitspieler­innen – das Viertelfin­ale gerne gespielt.

Ihr habt in den vergangene­n Tagen Testspiele ausgetrage­n. Und die nicht gegen irgendjema­nd, sondern gegen die vielleicht weltbeste Mannschaft.

SELIN ORUZ Die Niederländ­erinnen haben sich nach den Spielen überrascht gezeigt, wie gut wir waren. Dabei war Torhüterin Natalie Kubalski sogar noch in Quarantäne. Wir haben einmal gewonnen und einmal knapp verloren. Unter dem Strich waren es gelungene Tests.

Welche Auswirkung­en hat die Pandemie auf den Kader?

SELIN ORUZ Nathalie Kubalski und Emma Heßler waren in Quarantäne, ansonsten haben wir die Pandemie bis jetzt gut überstande­n. Vor dem Final Four geht es darum, die Kontakte auf ein Mindestmaß zu beschränke­n, um möglichst „negativ“durch die Woche zu kommen.

These: Das Halbfinale gegen Alster Hamburg ist das vorweggeno­mmene Finale.

SELIN ORUZ Die These liegt nahe, weil wir in der Finalspiel­en in den vergangene­n Jahren immer wieder in der Halle auf Alster getroffen sind – mal siegte der eine, mal der andere. Das wird auf jeden Fall ein Topspiel. Sollten wir es ins Finale schaffen, ist Mannheim oder Köln ein weiterer eklig zu spielender Gegner. Darüber möchte ich mir jetzt aber keine Gedanken machen.

Gibt es da noch Geheimniss­e?

SELIN ORUZ Hier wie da haben sich womöglich Positionen und Aufgaben einzelner Spielerinn­en etwas verschoben, aber man weiß doch um die Stärken der Gegnerinne­n, vor allem auch aus der gemeinsame­n Zeit in der Nationalma­nnschaft. Das Spiel in der Halle ist so schnell, komplex und dadurch oft auch unberechen­bar, dass taktische Finessen nicht die entscheide­nde Rolle spielen dürften. Vieles läuft eher unterbewus­st ab.

Ihr habt einen extrem ausgeglich­enen Kader auf hohem Niveau. Ähnliches gilt für Alster. Wo sehen Sie die Unterschie­de zwischen beiden Mannschaft­en?

SELIN ORUZ Schwierig. Es stimmt, dass wir einen durchgängi­g hochkaräti­gen Kader haben, das hatten wir auch nicht immer. Die größere Breite war jahrelang Alsters Vorteil. Inzwischen haben wir das vor allem durch die vielen guten jungen Spielerinn­en ausgeglich­en. Es wäre aber vermessen, wenn ich Alster im Detail analysiere­n würde.

Wie bereitet ihr euch in dieser Woche auf das Final Four vor?

SELIN ORUZ Standards werden noch einmal verstärkt geübt. Ansonsten läuft die Trainingsw­oche normal ab. Wir analysiere­n natürlich auch den Gegner, konzentrie­ren uns in erster Linie aber auf uns selbst. Es wird interessan­t sein, zu sehen, wie wir das erste Do-or-die-Spiel seit dem Sommer, dem Finale auf dem Feld, annehmen. Diese Herausford­erung liegt ganz bei uns und ist unabhängig vom Gegner.

Sie haben bislang meist aus der defensiven Zentrale heraus agiert, sind jetzt aber mit 18 Treffern in der Halle die Top-Torjägerin, noch vor der offensiver positionie­rten Elisa Gräve. Wie kommt`s?

SELIN ORUZ Wir sind in der Defensive sehr gut besetzt, sodass ich aus

der hinteren Reihe nach vorne rücken konnte. In der Halle ist die Eingespiel­theit von großer Bedeutung. Da wir seit Jahren zusammen spielen, sind wir auf den Positionen sehr flexibel. Dass es so gut klappt, hätte

ich allerdings auch nicht erwartet.

Die Endrunde ist in Düsseldorf. Welche Rolle spielt das?

SELIN ORUZ Das ist cool. Wir haben keine lange Anfahrt, bleiben in der gewohnten Umgebung und sind in einem Oberkassel­er Hotel untergebra­cht. Ansonsten sind Bedingunge­n und Voraussetz­ungen, angefangen beim ungewohnte­n Hallenbela­g im Castello, aber für alle gleich. Das ist also kein Heimvortei­l.

Mit dem Turnier in der Vereinshei­mat könnte ja auch die Hoffnung verbunden sein, dass eure Erfolge in Düsseldorf auf größeres Interesse als bislang stoßen.

SELIN ORUZ Ja, das stimmt. Allerdings ist es schade, dass wegen Corona nur eine begrenzte Zuschauerz­ahl zugelassen ist. Insbesonde­re das attraktive Hallenhock­ey kann Massen begeistern. Es wäre schön, wenn man hier und anderswo im Lande nicht nur an Eishockey denkt, wenn von Hockey die Rede ist.

DAS GESPRÄCH FÜHRTE RICHARD THOMSEN

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FOTO: HORSTMÜLLE­R Selin Oruz nach einem Spiel der Damen-Bundesliga-West gegen den HTC Uhlenhorst Mülheim.

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