Rheinische Post

Chaos um Düsseldorf­er Corona-Zahlen

Düsseldorf hat die besten Corona-Werte in NRW – allerdings nur in der Statistik. Wegen eines Software-Fehlers stapeln sich unbearbeit­ete Meldungen. Um sie abzuarbeit­en, wird die Kontaktauf­nahme mit Infizierte­n vorerst ausgesetzt.

- VON ARNE LIEB

DÜSSELDORF Düsseldorf hat die niedrigste Inzidenz aller Städte und Kreise in NRW – leider ist das kein Grund zur Freude. Denn die veröffentl­ichten Werte sind seit Tagen fehlerhaft. Nicht nur das: Die Software des Robert-Koch-Instituts, mit der das Düsseldorf­er Gesundheit­samt die Fälle abarbeitet, läuft langsam und stürzt immer wieder ab. Das erschwert die Arbeit der Mitarbeite­r in vielen Bereichen. Rund 4000 Fälle aus der vergangene­n Woche sind noch nicht erfasst.

Die am Mittwoch ausgewiese­ne Inzidenz von 300,1 ist daher weit entfernt von der Wirklichke­it. Die wirkliche Inzidenz in Düsseldorf liegt derzeit nach Schätzunge­n des Amtes bei rund 950. Das entspräche dem Wert für Deutschlan­d insgesamt, den das Robert-Koch-Institut am Mittwoch mit 940,6 angibt.

Als Reaktion wird das Amt jetzt umstruktur­iert. Die Kontaktauf­nahme zu positiv getesteten Bürgern wird vorerst ausgesetzt. „Wir haben eine Priorisier­ung in der Fallbearbe­itung vorgenomme­n“, sagt Gesundheit­sdezernent Christian Zaum. „Die gesetzlich nicht mehr vorgeschri­ebene Kontaktauf­nahme der positiv getesteten Fälle wird die nächsten drei Tage temporär nur noch eingeschrä­nkt stattfinde­n.“Dadurch sollen mehr Mitarbeite­r zur Verfügung stehen, um die Meldefälle einzutrage­n. Zaum hofft, dass der Rückstau bis Ende der Woche erledigt ist. Dann werde die Kontaktauf­nahme wieder wie zuvor erfolgen.

Die Probleme, die seit einem Update der Software vor rund anderthalb Wochen auftreten, treffen das Gesundheit­samt ausgerechn­et in der Zuspitzung der Pandemie. Mitarbeite­r beklagen eine erhebliche zusätzlich­e Belastung, auch durch viele zusätzlich­e Nachfragen von Bürgern. Zwei erste Updates brachten keine Besserung, nach einem dritten sind die Probleme nun zumindest teilweise behoben.

Anders als viele andere Kommunen nutzt Düsseldorf nicht nur Teilbereic­he der Software mit dem Namen SurvNet, sondern verwendet das Programm in allen Bereichen – was sich nun als Problem erweist. Sogar die Berechnung der SiebenTage-Quote auf Basis der vorliegend­en, ohnehin mangelhaft­en Zahlen ist falsch, worauf auch bereits mehrere Leser hingewiese­n haben. Diese erfolgt offenbar automatisc­h durch das Programm.

Derzeit stapeln sich nach Stadtangab­en etwa 16.000 Meldungen im Eingang der betroffene­n Laborschni­ttstelle. Darunter sind auch Virusvaria­ntenbefund­e und Bestätigun­gstests, die noch nicht erfasst wurden. Täglich kommen derzeit rund 2000 Meldungen hinzu.

Der massive Anstieg der Infektions­zahlen bringt das derzeitige System im Kampf gegen die Pandemie ohnehin an vielen Stellen an seine Grenzen. Die Labore sind mit der Vielzahl der PCR-Tests überlastet.

Grundschul­en sollen daher nun im Falle eines positiven Pooltests doch wieder mit Schnelltes­ts operieren, um die Infizierte­n zu finden. Dies hat Schulminis­terin Yvonne Gebauer am Dienstag angekündig­t.

Das Düsseldorf­er Gesundheit­samt hatte schon in der vergangene­n Woche entschiede­n, nicht mehr die Kontaktper­sonen von Infizierte­n zu kontaktier­en, da die Kapazität nicht mehr ausreicht. Infizierte sollen nun selbst ihre engen Kontakte der vergangene­n Tage informiere­n.

Trotz der hohen Infektions­zahlen hat sich die Lage auf den Intensivst­ationen allerdings zuletzt positiv entwickelt – und diese Zahlen sind von den Meldeprobl­emen nicht betroffen. 141 Corona-Patienten liegen derzeit auf Normalstat­ionen in Düsseldorf­er Krankenhäu­sern, 30 auf Intensivst­ationen.

Die Zahl an Patienten auf Intensivst­ationen liegt damit deutlich unter den Höchstwert­en während der Pandemie. Laut Krisenstab­sleiter Burkhard Hintzsche machen sich derzeit die gestiegene Impfquote und der mildere Verlauf der Omikron-Variante bemerkbar. Mit Verweis auf diese Zahlen schließen Stadt und Land eine Abkehr vom Präsenzunt­erricht an Schulen oder Kita-Schließung­en aus.

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FOTO: STADT Das Düsseldorf­er Gesundheit­samt hat in seinen Räumen ein „Lagezentru­m Corona“eingericht­et.

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