Rheinische Post

Als Ausbilder mehr Perspektiv­en bieten

Immer mehr Unternehme­n haben mit dem Fachkräfte­mangel zu kämpfen. Eine Lösung ist das duale Studium. Damit eröffnen die Betriebe ihren Auszubilde­nden zusätzlich­e Karriereau­ssichten – auch im eigenen Haus.

- VON PATRICK PETERS

Inmitten der Covid-19-Pandemie hat sich ein großes Problem der deutschen Wirtschaft weiter verschärft und ist endgültig in der öffentlich­en Debatte angekommen: Die Rede ist vom Fachkräfte­mangel. Mehr als 50 Prozent der Unternehme­n sahen bereits 2019 darin die größte Gefahr für ihre Geschäftse­ntwicklung. Im Herbst vergangene­n Jahres wurden „etwa 1,2 Millionen Arbeitskrä­fte, davon zwei Drittel Fachkräfte, gesucht“, sagte Detlef Scheele, Chef der Bundesagen­tur für Arbeit (BA). Und ganz aktuell sagte Bundesarbe­itsministe­r Hubertus Heil (SPD): „Fachkräfte­mangel darf nicht zur dauerhafte­n Wachstumsb­remse in Deutschlan­d werden.“Bei ihm sei Fachkräfte­sicherung ein künftiger zentraler Schwerpunk­t.

Eine Möglichkei­t für Unternehme­n, gegen den Fachkräfte­mangel anzugehen, ist das duale Studium. Es verknüpft einen Studiengan­g an einer Hochschule mit einer betrieblic­hen Ausbildung in einem IHK-Beruf. Am Ende erreicht ein Studierend­er innerhalb von sechs bis acht Semestern einen Doppelabsc­hluss: Bachelor und IHK-Berufsabsc­hluss.

Bei der Industrie- und Handelskam­mer Rhein-Sieg heißt es: Studierend­e erwerben in kurzer Zeit zwei Abschlüsse und weisen ein besonders hohes Maß an berufliche­r Handlungsk­ompetenz nach. Vielfach erhalten die Studierend­en eine Vergütung und viele Unternehme­n übernehmen ebenfalls die Studiengeb­ühren. Bereits während des Studiums werden enge Kontakte in ein Unternehme­n geknüpft und

die Absolvente­n können direkt im Anschluss an das Studium verantwort­ungsvolle Fachaufgab­en im Unternehme­n übernehmen. Die hohe Übernahmeq­uote der Absolvente­n unterstrei­cht deren Attraktivi­tät für die Wirtschaft, die betrieblic­he Erfahrung und Praxisnähe.

Die IHK Niederrhei­n verweist auf eine Studie des Deutschen Industrie- und Handelskam­mertags (DIHK), die zeige, dass vor allem mittelstän­dische Unternehme­n auf diese Studiengän­ge setzen würden. Insbesonde­re in Regionen mit immer weniger Schulabgän­gern

seien duale Studiengän­ge ein wichtiger Vorteil im Wettbewerb um die besten Köpfe. Im Vergleich mit namhaften Großuntern­ehmen hätten es kleine und mittlere Unternehme­n ansonsten schwer, auf sich aufmerksam zu machen. Mittelstän­dler kämen so früh an geeignete Bewerber und könnten ihnen eine attraktive Ausbildung anbieten.

Damit ist das duale Studium ein wesentlich­er Punkt im sogenannte­n Employer Branding, also die Positionie­rung und Kommunikat­ion eines Unternehme­ns als attraktive­r Arbeitgebe­r, und zwar vorwiegend bei den Zielgruppe­n, die besonders gut zum Unternehme­n passen. Dazu sagt Harald Vergossen, Professor an der Hochschule

DIHK-Studie

Niederrhei­n und verantwort­lich für den berufsbegl­eitenden MBA-Studiengan­g „Leadership & Management“: „Die Anzahl verfügbare­r Mitarbeite­r nimmt durch Faktoren wie den demografis­chen Wandel und den allgemeine­n Mangel an Fach- und Führungskr­äften kontinuier­lich ab, was den Wettbewerb um diese Arbeitskrä­fte verstärkt. Vor diesem Hintergrun­d wird es immer wichtiger, potenziell­en und auch aktuellen Mitarbeite­rn Entwicklun­gsmöglichk­eiten zu bieten. Auf diese Weise sollen die optimalen Mitarbeite­r für das Unternehme­n gefunden und gebunden werden.“

Das schlage die Brücke zum dualen Studium, betont Harald Vergossen. „Ein Arbeitgebe­r, der ein passendes Studium ermöglicht, eröffnet persönlich­e Perspektiv­en. Dies kann aus Sicht des Mitarbeite­rs den Unterschie­d machen und die Mitarbeite­rzufrieden­heit und das Engagement der Arbeitskra­ft sehr positiv beeinfluss­en. Insofern kann es für Unternehme­n Sinn ergeben, mit Hochschule­n zu kooperiere­n und den Mitarbeite­rn ausbildung­sbegleiten­de Bachelorun­d berufsbegl­eitende Master-Studiengän­ge anzubieten.“

Der Sozial- und Bildungsun­ternehmer Thomas Sablotny von „hoch3“bietet allen jüngeren Mitarbeite­rn die Möglichkei­t, berufsbegl­eitend zu studieren. Sie könnten sich dadurch praktisch und akademisch gleicherma­ßen qualifizie­ren, mehr Spezialisi­erungen entwickeln und sich zugleich frühzeitig an das Unternehme­n binden. „Wir eröffnen mehr Möglichkei­ten durch das nebenberuf­liche Studium, sodass beide Seiten davon profitiere­n. Junge Menschen werden auf zwei Ebenen gefordert und gefördert und können über den eigenen Weg noch besser entscheide­n. Und wir stärken erfolgreic­h unsere Arbeitgebe­rrolle.“

Sablotny, der unter anderem das Programm „Job Bound“zur Berufs- und Studienori­entierung entwickelt hat, rät jungen Menschen daher, ein duales oder gut strukturie­rtes nebenberuf­liches Studium als echte Alternativ­e zum klassische­n eingleisig­en Weg anzusehen und sich entspreche­nd beraten zu lassen.

„Insbesonde­re in Regionen mit immer weniger Schulabgän­gern sind duale Studiengän­ge ein wichtiger Vorteil im Wettbewerb um die besten Köpfe“

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FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA-TMN Der Wettkampf um die besten Köpfe beginnt bereits mit der Ausbildung. Mit der Möglichkei­t eines dualen Studiums können Unternehme­n ambitionie­rte junge Leute für sich gewinnen.

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