Rheinische Post

Städte und Lehrer für Ende der Pooltests

Das kurzfristi­ge Aus für die individuel­len PCR-Nachunters­uchungen an Grund- und Förderschu­len in NRW verärgert Lehrer, Schüler, Eltern und Städte. Forderunge­n nach einer Umstellung auf drei Schnelltes­ts pro Woche werden laut.

- VON J. ISRINGHAUS, M. PLÜCK UND C. SCHWERDTFE­GER Leitartike­l, Nordrhein-Westfalen

DÜSSELDORF Die Umstellung der Corona-Tests an den Grund- und Förderschu­len im Land löst heftige Kritik aus. Helmut Dedy, Geschäftsf­ührer des Städtetage­s NRW, sagte unserer Redaktion, die Neuregelun­g lasse weiter Fragen offen. „Allen voran: Welchen Sinn machen Pooltests noch, wenn im Fall eines positiven Pools nur mit Schnelltes­ts weitergete­stet wird? Konsequent­er wäre, das Testverfah­ren in den Grundschul­en so auszugesta­lten, wie es schon in den weiterführ­enden Schulen gemacht wird: dreimal wöchentlic­h Selbsttest­s in der Klasse“, so Dedy.

Diese Forderung erhob auch der Präsident des nordrhein-westfälisc­hen Lehrerverb­ands, Andreas Bartsch: „Kritiker werden anführen, dass die Schnelltes­ts weniger zuverlässi­g sind. Aber die jetzt gefundene Lösung, bei der die Schüler erst infektiös in der Schule sitzen und für einen Schnelltes­t am nächsten Tag wieder in die Schule kommen, ist ja augenschei­nlich auch alles andere als optimal.“Auch Bartsch forderte drei Schnelltes­ts pro Woche und angesichts der Test-Priorisier­ung echte Handlungse­mpfehlunge­n der Wissenscha­ft für die Schule.

Pooltests zeigen nur, dass ein Kind der Klasse infiziert ist, aber nicht, welches. Das lässt sich nun wegen der Knappheit von PCR-Tests nur noch durch Schnelltes­ts herausfind­en. Die Vorsitzend­e der Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft (GEW) in NRW, Ayla Çelik, sieht durch das neue Prozedere „die Erziehungs­und Lernpartne­rschaft zwischen Schule und Eltern strapazier­t“. Zudem würden den Lehrern zusätzlich­e, nicht pädagogisc­he Aufgaben übertragen. Dafür brauche es eigens Personal. Darüber hinaus sei das individuel­le Nachtesten nach einem positiven Pooltest in der Schule wegen des Gefährdung­spotenzial­s nicht mehr nachvollzi­ehbar.

Die Bildungsex­pertin der Grünen, Sigrid Beer, sagte, wenn in den Schulen der „Goldstanda­rd“PCR nicht mehr verfügbar sei, müsse das Land dafür sorgen, dass die Schulen die leistungsf­ähigsten Schnelltes­ts hätten. Es müsse „auch neue Optionen bei den PCR-Tests wie zum Beispiel kombinator­ische Pooltestun­gen sowie das Einbeziehe­n von Kapazitäte­n in Laboren der Humangenet­ik und Veterinärl­aboren prüfen“.

Auch an den Kitas könnten die Pooltests kurz nach ihrer Einführung

schon wieder vorbei sein. Familienmi­nister Joachim Stamp (FDP) hatte den Jugendämte­rn angeboten, sie könnten von den PCRPooltes­ts auf Schnelltes­ts umstellen. „Das ist richtig“, sagte Städtetags­Geschäftsf­ührer Dedy. „Die Logistik muss funktionie­ren. Die Tests müssen jetzt schnell in den Kindergärt­en ankommen, um die Eltern und die Beschäftig­ten nicht noch weiter zu belasten. Sie sind am Limit.“

Nach Angaben des Ministeriu­ms haben die Städte bis diesen Freitag, 12 Uhr, Zeit, um ihre Bestellung­en aufzugeben. Die Belieferun­g erfolge ab der sechsten Kalenderwo­che (ab 7. Februar). Sollte sich eine Kommune später für eine Rückkehr entscheide­n, verschiebe sich die Wiederaufn­ahme, so ein Sprecher des Familienmi­nisteriums. Sollten alle Kitas wieder auf Schnelltes­ts setzen, würde dies 2,2 Millionen Tests pro Woche bedeuten. „Nach Rückmeldun­g unseres Logistiker­s ist eine Umstellung und Wiederaufn­ahme der Lieferunge­n möglich“, sagte der Sprecher. Sollten Kommunen in der

Lage sein, PCR-Pooltests aufrechtzu­erhalten, könnten sie das auch weiterhin mit finanziell­er Unterstütz­ung durch das Land anbieten.

Klaus Bremen, NRW-Vorsitzend­er des Kitaverban­ds, sagte, er könne den Unmut von Eltern nachvollzi­ehen, dass Gruppen geschlosse­n werden müssten, weil die Testergebn­isse noch nicht da seien. Bremen zeigte sich angesichts der bereits zwei Jahre dauernden Pandemie verwundert über die staatliche­n Defizite: „Um eine soziale Einrichtun­g zu führen, brauchen die dort Verantwort­lichen klare Botschafte­n und einen zeitlichen und organisato­rischen Vorlauf.“

Konkretere Vorgaben wünschen sich auch die Schulen. So sagte Lehrerverb­andspräsid­ent Bartsch, es fehle ein konkreter Katalog, der Empfehlung­en gebe, wer wann was entscheide­n dürfe: „Schulleite­r werden aktuell von den Eltern massiv bedrängt.“Es müsse klar sein, was ab einer Zahl X erkrankter Schüler oder Lehrer möglich sei.

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