Kiew erwartet mehr von Berlin
Die Krise um die Ukraine geht weiter. Der Kreml will nun auf die USA antworten.
BERLIN/MOSKAU (dpa) Bei den massiven Spannungen zwischen Russland und dem Westen im Konflikt um die Ukraine ist auch nach den schriftlichen Antworten der USA und der Nato kein Ende in Sicht. Der Kreml ließ den Westen zunächst im Unklaren darüber, wie Russland im Ringen um Sicherheitsgarantien auf das Dialogangebot reagiert. „Wir werden keine voreiligen Schlüsse ziehen“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Donnerstag. Präsident Wladimir Putin habe das US-Schreiben bereits gelesen. Es brauche aber „einige Zeit“, um die Papiere zu analysieren.
Mit seiner Kernforderung – etwa nach einem Ende der Nato-Osterweiterung – blitzte Moskau erwartungsgemäß beim Westen ab. Gleichwohl steht das Angebot im Raum, weiter über Sicherheitsfragen zu reden. Indes wies die Bundesregierung in Berlin einmal mehr Kritik an der Zurückhaltung bei Waffenlieferungen an die Ukraine zurück. Mehrere westliche Länder wie die USA haben ihre Militärhilfe für die Ukraine ausgebaut. Kiew fordert auch von Berlin mehr Anstrengungen.
Dagegen verteidigte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) die Absage der Bundesregierung an Waffenlieferungen. Den außenpolitischen Kurs in dieser Frage um 180 Grad zu drehen, „das sollte man schon bei vollem Bewusstsein tun und vor allen Dingen damit nicht Türen für Deeskalation verschließen, die sich gerade in diesem Moment
so zaghaft wieder öffnen“, sagte sie im Bundestag.
Deutschland unterstütze die Ukraine auch militärisch. Die GrünenPolitikerin nannte die Lieferung von 5000 Schutzhelmen, den Bau von Schutzbunkern und die Ausbildung ukrainischer Soldaten. Der künftige CDU-Parteichef Friedrich Merz warf in der Debatte vor allem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) fehlendes Engagement vor. „Es droht ein Krieg in einem Teil unseres Kontinents, der von den Verbrechen des Zweiten Weltkrieges in besonders brutaler Weise betroffen war.“
In der Ukraine und Russland wird deutlich weniger über eine Kriegsgefahr spekuliert als im Westen. Der Sprecher im russischen Außenministerium, Alexej Saizew, sagte, Moskau halte „selbst den Gedanken an einen Krieg zwischen unseren Völkern für nicht hinnehmbar“. Daraufhin erholte sich der zuletzt abgestürzte Rubelkurs wieder etwas. Der Westen sieht nun aber nach den schriftlichen Antworten der USRegierung und der Nato auf Russlands Vorschläge für mehr Sicherheit in Europa den Kreml am Zug. Russland müsste sich demnach damit abfinden, dass die Nato sich weiter ausbreitet. Die Ukraine strebt in das Bündnis. US-Außenminister Antony Blinken hatte dabei auf „Kernprinzipien“verwiesen, etwa die freie Bündniswahl von Staaten sowie die Souveränität der Ukraine.
Russland besteht darauf, dass Sicherheiten eines Landes nicht auf Kosten der Interessen anderer Staaten durchgesetzt werden könnten. Hoffnungen auf Entspannung im Ukraine-Konflikt liegen nun auch auf den Gesprächen im sogenannten Normandie-Format, die am Mittwoch erstmals wieder in Paris organisiert worden waren. Das sind Beratungen von Regierungsvertretern Russlands, der Ukraine, Frankreichs und Deutschlands. Ziel ist es, den Friedensplan für die Ostukraine umzusetzen. Dort stehen sich prorussische Separatisten und ukrainische Regierungstruppen gegenüber.
Russland setzt bereits Hoffnungen auf das nächste Treffen im Normandie-Format in zwei Wochen in Berlin, wie Außenministeriumssprecher Saizew sagte: „Wir gehen davon aus, dass wir Lösungen für die Probleme finden werden, die sich in sieben Jahren angesammelt haben, und dass das Problem des Status der Donbass-Region nun endlich gelöst wird.“