Rheinische Post

Omikron-Welle erreicht Krankenhäu­ser

Die Lage auf Intensivst­ationen sei besser als 2021, doch seit Montag steige die Patientenz­ahl wieder, berichten Mediziner. Normalstat­ionen würden immer voller, heißt es in den Krankenhäu­sern. Operatione­n werden verschoben.

- VON JAN DREBES UND ANTJE HÖNING

DÜSSELDORF Die Omikron-Variante des Virus hat Deutschlan­d fest im Griff: Die Zahl der Neuinfekti­onen hat erstmals die Marke von 200.000 übersprung­en. Das Robert-Koch-Institut (RKI) meldete am Donnerstag 203.136 Infizierte. Die Inzidenz stieg erstmals über die 1000er-Marke und erreicht nun 1017. In sieben bis zehn Tagen komme die Welle auch in den Krankenhäu­sern an, erwartet Gerald Gaß, der Chef der Deutschen Krankenhau­sgesellsch­aft (DKG). „Mit zunehmende­m Infektions­geschehen werden zeitverset­zt die Belegungsz­ahlen im Krankenhau­s steigen“, sagte Gaß unserer Redaktion. Er ergänzte aber auch: „Dass Normalstat­ionen voll werden, erwarten wir hingegen nicht, da für diese gänzlich andere personelle und technische Bedingunge­n gelten als für Intensivst­ationen.“OP-Verschiebu­ngen seien aber möglich.

Intensivst­ationen Bundesweit werden 2363 Corona-Patienten intensiv behandelt, mehr als die Hälfte von ihnen wird invasiv beatmet, so die Deutsche Interdiszi­plinäre Vereinigun­g für Intensiv- und Notfallmed­izin (Divi). Zum Vergleich: Auf dem Höhepunkt vor einem Jahr gab es 5762 Covid-Intensivpa­tienten. „Die Inzidenzen sind zwar aktuell auf Rekordnive­au, aber zum Glück sehen wir noch nicht, dass mit einer Verzugszei­t von rund zehn Tagen die Patienten auf den Intensivst­ationen folgen. Das ist endlich mal eine sehr gute Nachricht“, sagte Divi-Präsident Gernot Marx unserer Redaktion. Die schlechte Nachricht: „Die Zahl der Neuaufnahm­en von CovidPatie­nten auf den Intensivst­ationen steigt seit Montag wieder – auf etwa 200 Patienten pro Tag.“

Zugleich könne man Patienten aus der Delta-Welle auf Normalstat­ionen verlegen oder müsse weitere Tote beklagen. So sei die Gesamtzahl der Covid-Intensivpa­tienten weiter fallend. Der Divi-Präsident rechnet jedoch mit einem Anstieg dieses Werts: „Wir erwarten unter Omikron deutlich weniger Intensivpa­tienten als bei den vorhergega­ngenen Varianten. Das heißt aber mit Blick auf die sehr hohen Inzidenzen, dass die generelle Zahl doch wieder deutlich steigen wird.“Ausgelaste­t seien die Intensivst­ationen vor allem mit Nicht-Covid-Patienten. Hierbei handle es sich um „Menschen, die zum Beispiel im Dezember nicht operiert werden konnten und jetzt in großer Zahl einbestell­t werden“.

Normalstat­ionen „Noch können wir die Situation auf den Normalstat­ionen bewältigen und mussten auch nicht in nennenswer­tem Umfang planbare Operatione­n verschiebe­n. Wir rechnen aber angesichts der dramatisch steigenden Zahl der Infizierte­n mit einem Anstieg in der Belegung“, sagt Matthias Blum, Geschäftsf­ührer der Krankenhau­sgesellsch­aft Nordrhein-Westfalen. Von der Uniklinik Essen heißt es: „Die Anzahl der an Covid erkrankten Patienten auf Normalstat­ion nimmt langsam, aber kontinuier­lich zu. Bislang sagen wir keine geplanten Operatione­n ab. Damit ist aber in den nächsten Wochen zu rechnen.“Divi-Präsident Marx warnt davor, Omikron zu verharmlos­en: „Wir sprechen hier nicht von einem Schnupfen: Es wird schwerwieg­ende Verläufe und auch Tote geben.“Die Uniklinik Düsseldorf weist auf ein weiteres Problem hin: Durch die enorme Inzidenz bekämen auch Patienten Corona, die eigentlich wegen einer anderen Erkrankung behandelt würden. Der Aufwand für die Isolierung sei bei diesen Patienten genauso hoch, als wären sie wegen Corona in Behandlung.

Krankensta­nd beim Personal „Rund die Hälfte der Krankenhäu­ser verzeichne­t bereits nennenswer­te Ausfälle wegen Infektione­n, die sich auf die Versorgung auswirken“, sagte DKG-Chef Gaß: „Bei den meisten Kliniken sind die krankheits­bedingten Ausfälle etwa 20 Prozent höher als üblich zu dieser Jahreszeit.“Davon seien alle Berufsgrup­pen gleicherma­ßen betroffen. „Bedauerlic­herweise fallen zunehmend mehr Mitarbeite­r aus, die sich mit dem Virus infizieren oder sich in Quarantäne begeben müssen“, ergänzt Matthias Blum. Man begrüße die neuen Regeln, wonach geboostert­e Mitarbeite­r als Kontaktper­son nicht in Quarantäne müssen. „Der Krankensta­nd in den Reihen des Personals ist hoch. Je nach dem Anstieg der Covid-Fälle kann es daher in einigen Fällen zu Verschiebu­ngen von planbaren und nicht-dringliche­n Behandlung­en kommen“, warnt die Uniklinik Düsseldorf. „Die Personalde­cke ist vor allem im Pflegebere­ich in einigen Krankenhäu­sern so dünn, dass sich bereits geringe Ausfälle auswirken können“, so Gaß. Er fordert einen Bürokratie-Lockdown: „Pflegekräf­te können nicht mehr wie bisher drei bis vier Stunden mit Dokumentat­ionsarbeit­en verbringen, sondern werden dringend an den Patientenb­etten benötigt.“

Impfstatus Die Impfquote in den Krankenhäu­sern ist hoch, aber nicht in allen Bereichen. Im Pflegedien­st sein im Schnitt 95 Prozent der Beschäftig­ten geimpft, so eine Umfrage der Krankenhau­sgesellsch­aft. Bei der Intensivpf­lege beträgt die Quote dagegen nur 87 Prozent. In patientenf­ernen Bereichen wie der Verwaltung liegt die Impfquote bei 93 Prozent. Ab Mitte März gilt für Krankenhäu­ser wie auch Pflegeheim­e die Impfpflich­t. Zwei Drittel der Kliniken rechnen damit, die Patientenv­ersorgung einschränk­en zu müssen, wenn sie ab dann ungeimpfte­s Personal nicht mehr beschäftig­en dürfen.

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