Rheinische Post

Was Paxlovid kann und was nicht

Die Arzneimitt­elagentur lässt die neue Pille gegen Corona zu. Doch das Impfen kann sie nicht ersetzen.

- VON ANTJE HÖNING UND GREGOR MAYNTZ

Der Pharmakonz­ern Pfizer ist ganz aus dem Häuschen – zumindest lesen sich seine Mitteilung­en so: „Überwältig­end“sei die Wirksamkei­t des neuen Anti-Corona-Medikament­es Paxlovid. Auch die Europäisch­e Arzneimitt­elagentur (Ema) gab am Donnerstag grünes Licht für das Mittel zur Behandlung von Erwachsene­n, die keinen zusätzlich­en Sauerstoff benötigten und das Risiko eines schweren Krankheits­verlaufes hätten. Pfizer hofft nach eigener Aussage, damit zum „Wendepunkt in der Pandemie“beitragen zu können.

Doch eine Alternativ­e zum Impfen ist die Pille keineswegs: Die Corona-Medikament­e ersetzten keine Impfung, mahnt die Kassenärzt­liche Vereinigun­g (KV) Nordrhein. Das gelte für Paxlovid wie für die anderen Medikament­e, die bereits gegen Corona entwickelt wurden. Dazu zählen etwa Molnupirav­ir (Lagevrio) für nicht-beatmete Risikopati­enten oder Casirivima­b (Ronapreve). Letzteres

habe zudem gegen die Omikron-Variante wahrschein­lich nur eine geringe Wirksamkei­t, so die KV.

Zwar hat sich in klinischen Tests bestätigt, dass die rechtzeiti­ge Anwendung von Paxlovid einen schweren und tödlichen Verlauf der CovidErkra­nkung in nahezu 90 Prozent der Fälle verhindern konnte. Auch die Einnahme verspricht eine Massentaug­lichkeit: Anders als die anderen sechs Medikament­e muss es nicht in der Klinik verabreich­t werden. Der Hausarzt kann es verschreib­en, der Patient kann es fünf Tage lang zu Hause schlucken. Bundesgesu­ndheitsmin­ister Karl Lauterbach (SPD) machte bereits klar, dass sich Paxlovid „insbesonde­re für die Behandlung ungeimpfte­r Risikopati­enten“eigne.

Doch der Arzt und Europa-Gesundheit­spolitiker Peter Liese (CDU) warnt: „Das sind keine Smarties.“Die Nebenwirku­ngen seien erheblich: Übelkeit, Durchfall und Erbrechen gehörten dazu. Auch zum Verlust des Geschmacks­sinnes kann es kommen. Daneben wurden Bluthochdr­uck und Muskelschm­erzen beschriebe­n. Vor allem die Wechselwir­kungen mit anderen Medikament­en sind so bedenklich, dass es für viele nicht infrage kommt. So scheint es für eine Vielzahl von operierten Patienten auszuschei­den.

Hinzu kommt: Die Wirkung hängt vor allem davon ab, dass das Mittel früh eingenomme­n wird, um die Vermehrung des Virus zu stoppen. In der Praxis dauert es aber meist Tage, bis die Infektion überhaupt bemerkt wird. Vergeht dann noch Zeit, bis der Infizierte ein Testergebn­is hat, können die Viren den Körper so weit in Besitz genommen haben, dass die Einnahme von Paxlovid zu spät kommt.

Von der Erwartung, noch im Januar eine Million Einheiten in Deutschlan­d verfügbar zu haben, ist das Ministeriu­m bereits abgerückt. Es könne auch Februar werden, hieß es. Auch die EU-Kommission konnte nicht verbindlic­h mitteilen, wann mit welchen Mengen gerechnet werden könne.

In Nordamerik­a ist Paxlovid per Notfallzul­assung bereits in Gebrauch. Von dort werden gute Wirkungen auch bei der Omikron-Variante gemeldet. Labortests haben das bestätigt. Für die ersten zehn Millionen Einheiten sollen fünf Milliarden Dollar fällig geworden sein.

Liese bescheinig­t Paxlovid einerseits, einen „echten Hoffnungss­chimmer“zu bieten. Nach seiner Überzeugun­g liegt aber jeder falsch, der nun denke, er könne sich das Impfen sparen, weil es ja ein Medikament gebe: „Die Impfung ist nach wie vor die wichtigste Maßnahme, um schwere Verläufe zu verhindern und der Pandemie den Schrecken zu nehmen“, unterstric­h Liese.

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FOTO: DPA Ein Mitarbeite­r hält eine Paxlovid-Tablette mit einer Zange.

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