Was Paxlovid kann und was nicht
Die Arzneimittelagentur lässt die neue Pille gegen Corona zu. Doch das Impfen kann sie nicht ersetzen.
Der Pharmakonzern Pfizer ist ganz aus dem Häuschen – zumindest lesen sich seine Mitteilungen so: „Überwältigend“sei die Wirksamkeit des neuen Anti-Corona-Medikamentes Paxlovid. Auch die Europäische Arzneimittelagentur (Ema) gab am Donnerstag grünes Licht für das Mittel zur Behandlung von Erwachsenen, die keinen zusätzlichen Sauerstoff benötigten und das Risiko eines schweren Krankheitsverlaufes hätten. Pfizer hofft nach eigener Aussage, damit zum „Wendepunkt in der Pandemie“beitragen zu können.
Doch eine Alternative zum Impfen ist die Pille keineswegs: Die Corona-Medikamente ersetzten keine Impfung, mahnt die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Nordrhein. Das gelte für Paxlovid wie für die anderen Medikamente, die bereits gegen Corona entwickelt wurden. Dazu zählen etwa Molnupiravir (Lagevrio) für nicht-beatmete Risikopatienten oder Casirivimab (Ronapreve). Letzteres
habe zudem gegen die Omikron-Variante wahrscheinlich nur eine geringe Wirksamkeit, so die KV.
Zwar hat sich in klinischen Tests bestätigt, dass die rechtzeitige Anwendung von Paxlovid einen schweren und tödlichen Verlauf der CovidErkrankung in nahezu 90 Prozent der Fälle verhindern konnte. Auch die Einnahme verspricht eine Massentauglichkeit: Anders als die anderen sechs Medikamente muss es nicht in der Klinik verabreicht werden. Der Hausarzt kann es verschreiben, der Patient kann es fünf Tage lang zu Hause schlucken. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) machte bereits klar, dass sich Paxlovid „insbesondere für die Behandlung ungeimpfter Risikopatienten“eigne.
Doch der Arzt und Europa-Gesundheitspolitiker Peter Liese (CDU) warnt: „Das sind keine Smarties.“Die Nebenwirkungen seien erheblich: Übelkeit, Durchfall und Erbrechen gehörten dazu. Auch zum Verlust des Geschmackssinnes kann es kommen. Daneben wurden Bluthochdruck und Muskelschmerzen beschrieben. Vor allem die Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten sind so bedenklich, dass es für viele nicht infrage kommt. So scheint es für eine Vielzahl von operierten Patienten auszuscheiden.
Hinzu kommt: Die Wirkung hängt vor allem davon ab, dass das Mittel früh eingenommen wird, um die Vermehrung des Virus zu stoppen. In der Praxis dauert es aber meist Tage, bis die Infektion überhaupt bemerkt wird. Vergeht dann noch Zeit, bis der Infizierte ein Testergebnis hat, können die Viren den Körper so weit in Besitz genommen haben, dass die Einnahme von Paxlovid zu spät kommt.
Von der Erwartung, noch im Januar eine Million Einheiten in Deutschland verfügbar zu haben, ist das Ministerium bereits abgerückt. Es könne auch Februar werden, hieß es. Auch die EU-Kommission konnte nicht verbindlich mitteilen, wann mit welchen Mengen gerechnet werden könne.
In Nordamerika ist Paxlovid per Notfallzulassung bereits in Gebrauch. Von dort werden gute Wirkungen auch bei der Omikron-Variante gemeldet. Labortests haben das bestätigt. Für die ersten zehn Millionen Einheiten sollen fünf Milliarden Dollar fällig geworden sein.
Liese bescheinigt Paxlovid einerseits, einen „echten Hoffnungsschimmer“zu bieten. Nach seiner Überzeugung liegt aber jeder falsch, der nun denke, er könne sich das Impfen sparen, weil es ja ein Medikament gebe: „Die Impfung ist nach wie vor die wichtigste Maßnahme, um schwere Verläufe zu verhindern und der Pandemie den Schrecken zu nehmen“, unterstrich Liese.