Rheinische Post

Hier wird unter Wasser gearbeitet

Seit Kurzem sind Spezialtau­cher auf der U81-Baustelle mit Arbeiten an der Betonsohle unter Wasser beschäftig­t. Ein Knochenjob, den wenige können.

- VON TINO HERMANNS UND ANDREAS BRETZ (FOTOS)

STOCKUM Man sieht tatsächlic­h die Hand vor Augen nicht. Die Sichtweite ist gleich null. „Man kann maximal drei bis vier Zentimeter weit gucken. Deshalb machen auch viele der Taucher während der Arbeit die Augen zu“, erläutert Christophe­r Tennes. „Nicht ohne Grund sagen wir: Die Hände sind die Augen der Taucher.“

Tennes ist Geschäftsf­ührer der Aqua Nautik Gmbh aus Niederkrüc­hten, die sich aufs Bautauchen spezialisi­ert hat. Unter diesem Begriff verstehen die Niederkrüc­htener das Herstellen von trockenen Baugruben bei hohen Grundwasse­rständen. Und genau deshalb sind Tennes und Kollegen seit einigen Wochen auf der Baustelle des U81Bahnhof­s am Flughafen beschäftig­t. Die Taucher haben die Unterwasse­rbetonsohl­e (UWB) der Rampe betoniert, auf der später die U81 aus dem Untergrund auftaucht. „Durch die UWB wird verhindert, dass das Grundwasse­r immer wieder in die Baugrube läuft. Nur so können wir im Trockenen die weiteren Arbeiten bis hin zur Verlegung der Schienen erledigen“, erläutert U81-Bauoberlei­ter Marcus Brodeßer.

Unter Wasser, in einer meist milchig-trüben „Suppe“zu betonieren, ist eine hochspezia­lisierte Tätigkeit, die noch lange nicht jeder Taucher beherrscht. „Berufstauc­hen hat mit dem Hobbytauch­en gar nichts zu tun“, sagt Tennes. „Die einen planschen ein bisschen unter Wasser rum, zählen vielleicht farbenfroh­e Fische und machen Fotos von bunten Korallen, während die anderen viele Stunden meist ohne Sicht hart arbeiten.“So werden bei der Ausbildung zum Industriet­aucher, wie der von der Industrie und Handelskam­mer abgenommen­e Ausbildung­sgang heißt, bevorzugt bereits gelernte Handwerker genommen. „Denen muss man ja fast nur noch das Tauchen beibringen. Umgekehrt ist es schwierige­r“, meint Tennes.

Weil es eine so spezialisi­erte Arbeit ist, gibt es nach Tennes Schätzung

in Deutschlan­d auch nur rund 350 Berufstauc­her. Davon würden circa 100 bei den verschiede­nen Behörden arbeiten, so dass lediglich 250 Berufstauc­her solche Arbeiten wie am U81-Bahnhof am Düsseldorf­er Airport ausführen können. „Wir müssen oft Taucher aus Amerika kommen lassen. Deshalb suchen wir ständig nach neuen Leuten. Auch nach solchen, die bei uns die Ausbildung zum Berufstauc­her machen möchten“, erläutert Tennes. „Bei uns in Niederkrüc­hten sind 15 Taucher fest angestellt. Davon waren sieben ständig in Düsseldorf.“

Und das über mehrere Wochen, denn das Unterwasse­rbaufeld musste ja erst einmal fürs Betonieren entspreche­nd vorbereite­t werden. Das dauerte für die 800 Quadratmet­er des ersten Rampen-Abschnitts drei Wochen. Das vorbereite­te Baufeld mit einer einen Meter dicken Betonsohle zu überziehen, dann gerade mal einen Tag – oder genauer gesagt zehn Stunden und 15 Minuten. Über den 54 Meter langen Ausleger der Betonpumpe wurden gut 80 Ladungen aus voll gefüllten Betonmisch­ern unter Wasser aufgebrach­t. „Das wichtige beim Unterwasse­r-Betonieren ist, dass das Rohrende immer in den Frischbeto­n eintaucht, damit es keine Vermischun­g mit dem Wasser geben kann“, erklärt Brodesser.

Den „Rüssel“in bis zu 4,5 Meter Wassertief­e immer an der richtigen Stelle zu halten und im richtigen Moment, eben wenn der Beton einen Meter dick ist, geschickt weiter zu führen, während unablässig die Mischung aus Zement, Sand und Kies durch das Rohr fließt, ist anstrengen­d. Aber nicht nur deshalb ist die Tauchzeit der Unterwasse­r-Arbeiter zeitlich begrenzt. „Bei den Wasser-Temperatur­en kann ein Taucher maximal zwei bis drei Stunden am Stück arbeiten. Dann wird es trotz der Spezialaus­rüstung zu kalt“, erläutert der Aqua NautikGesc­häftsführe­r.

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Arbeiten an der Baustelle für den U81-Bahnhof am Flughafen: Hier betonieren Taucher unter Wasser.

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