Früherer Kölner Kirchenrichter weist Verantwortung von sich
Im Missbrauchsprozess gegen einen Priester sagt Günter Assenmacher erneut aus. Die Beweislage sei unklar gewesen, man hätte aber mehr tun können.
KÖLN Im Missbrauchsprozess gegen den 70 Jahre alten katholischen Pfarrer Hans U. wurde erneut der frühere Offizial des Kölner Erzbistums, Günter Assenmacher, im Kölner Landgericht vernommen. Als oberster Kirchenrichter in Köln wurde Assenmacher 2010 erstmals mit dem Fall U. konfrontiert, weil der Priester in einem anonymen Schreiben des sexuellen Missbrauchs seiner Nichte beschuldigt wurde. Die schriftlichen Aussagen der Nichte seien zwar „detailreich und plausibel“gewesen, sagt Assenmacher: „Aber die Darlegung krankte daran, dass die Person die Aussage nicht wiederholte.“Wohl auf Druck ihrer Familie hatte die Jugendliche die Anzeige zurückgezogen. Die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen wurden zunächst eingestellt.
Die Frage ist, ob das Erzbistum nicht trotzdem eigene Ermittlungen
hätte anstellen müssen. Schon bei der ersten Befragung Assenmachers war deutlich geworden, dass man damals „mit wenig Engagement viel in Erfahrung hätte bringen können“, wie der Vorsitzende Richter sagte. So übernachteten etwa ständig Mädchen im Pfarrhaus.
Assenmacher sagt mehrmals: „Ich war nicht zuständig.“Er sei lediglich als Berater mit dem Fall befasst gewesen. Der Fall U. war nach seinen Angaben damals erst der vierte dieser Art. Bei den anderen sei die Beweislage aber klarer gewesen: „Wir haben uns gefragt: Was können wir hier beweisen?“Auch die Mutter des Mädchens habe nicht mit dem Erzbistum sprechen wollen. Die Beurlaubung des Priesters wurde daraufhin aufgehoben.
U. soll zwischen 1993 und 1999 in Gummersbach seine drei minderjährigen Nichten teils schwer sexuell missbraucht haben. In Wuppertal soll er 2011 ein elfjähriges Mädchen
missbraucht haben. Im Laufe des Prozesses melden sich immer mehr mutmaßliche Opfer beim Gericht – unter ihnen auch die ehemalige Pflegetochter des Geistlichen.
Nach seiner Beurlaubung wurde U. als Krankenhausseelsorger in Wuppertal eingesetzt. Er bekam keinerlei Auflagen, etwa die, nicht mit Kindern und Jugendlichen in Kontakt zu treten. „In aller Regel ist man im Krankenhaus ja nicht allein mit Kindern“, sagt Assenmacher. Die
Frage des Vorsitzenden, ob denn eine Gefährdungsanalyse durchgeführt worden sei, verneint er. Rückblickend sagt Assenmacher, dass man im Fall U. weitere Opfer vor Übergriffen hätte bewahren können, „wenn man sich damals mehr darum bemüht hätte, die Dinge zusammenzutragen“. Er ergänzt: „Es tut mir leid, dass das nicht geschehen ist. Aber keiner von uns kann die Uhr zurückdrehen.“
Der Prozess wird fortgesetzt.