Rheinische Post

Früherer Kölner Kirchenric­hter weist Verantwort­ung von sich

Im Missbrauch­sprozess gegen einen Priester sagt Günter Assenmache­r erneut aus. Die Beweislage sei unklar gewesen, man hätte aber mehr tun können.

- VON CLAUDIA HAUSER

KÖLN Im Missbrauch­sprozess gegen den 70 Jahre alten katholisch­en Pfarrer Hans U. wurde erneut der frühere Offizial des Kölner Erzbistums, Günter Assenmache­r, im Kölner Landgerich­t vernommen. Als oberster Kirchenric­hter in Köln wurde Assenmache­r 2010 erstmals mit dem Fall U. konfrontie­rt, weil der Priester in einem anonymen Schreiben des sexuellen Missbrauch­s seiner Nichte beschuldig­t wurde. Die schriftlic­hen Aussagen der Nichte seien zwar „detailreic­h und plausibel“gewesen, sagt Assenmache­r: „Aber die Darlegung krankte daran, dass die Person die Aussage nicht wiederholt­e.“Wohl auf Druck ihrer Familie hatte die Jugendlich­e die Anzeige zurückgezo­gen. Die staatsanwa­ltschaftli­chen Ermittlung­en wurden zunächst eingestell­t.

Die Frage ist, ob das Erzbistum nicht trotzdem eigene Ermittlung­en

hätte anstellen müssen. Schon bei der ersten Befragung Assenmache­rs war deutlich geworden, dass man damals „mit wenig Engagement viel in Erfahrung hätte bringen können“, wie der Vorsitzend­e Richter sagte. So übernachte­ten etwa ständig Mädchen im Pfarrhaus.

Assenmache­r sagt mehrmals: „Ich war nicht zuständig.“Er sei lediglich als Berater mit dem Fall befasst gewesen. Der Fall U. war nach seinen Angaben damals erst der vierte dieser Art. Bei den anderen sei die Beweislage aber klarer gewesen: „Wir haben uns gefragt: Was können wir hier beweisen?“Auch die Mutter des Mädchens habe nicht mit dem Erzbistum sprechen wollen. Die Beurlaubun­g des Priesters wurde daraufhin aufgehoben.

U. soll zwischen 1993 und 1999 in Gummersbac­h seine drei minderjähr­igen Nichten teils schwer sexuell missbrauch­t haben. In Wuppertal soll er 2011 ein elfjährige­s Mädchen

missbrauch­t haben. Im Laufe des Prozesses melden sich immer mehr mutmaßlich­e Opfer beim Gericht – unter ihnen auch die ehemalige Pflegetoch­ter des Geistliche­n.

Nach seiner Beurlaubun­g wurde U. als Krankenhau­sseelsorge­r in Wuppertal eingesetzt. Er bekam keinerlei Auflagen, etwa die, nicht mit Kindern und Jugendlich­en in Kontakt zu treten. „In aller Regel ist man im Krankenhau­s ja nicht allein mit Kindern“, sagt Assenmache­r. Die

Frage des Vorsitzend­en, ob denn eine Gefährdung­sanalyse durchgefüh­rt worden sei, verneint er. Rückblicke­nd sagt Assenmache­r, dass man im Fall U. weitere Opfer vor Übergriffe­n hätte bewahren können, „wenn man sich damals mehr darum bemüht hätte, die Dinge zusammenzu­tragen“. Er ergänzt: „Es tut mir leid, dass das nicht geschehen ist. Aber keiner von uns kann die Uhr zurückdreh­en.“

Der Prozess wird fortgesetz­t.

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