Bewährungsproben für die Landesregierung
Wer in diesen Tagen eine Veranstaltung mit Ministerpräsident Hendrik Wüst besucht, dem wird ein Satz mit absoluter Sicherheit begegnen: Wer vor Putins Angriffskrieg fliehe, der sei in Nordrhein-Westfalen willkommen. Am Mittwoch legte der Regierungschef von NRW im Landtag sogar noch einmal nach, indem er bewusst Angela Merkels historischen Satz „Wir schaffen das“wiederholte. Noch sind es wenige Menschen, die vor Putins mörderischem Krieg bis nach Deutschland geflohen sind. Doch es werden stetig mehr, sodass die Landesregierung schon warnt, dass „auch wir an unsere Belastungsgrenzen herangeführt werden“.
Für die wahlkämpfende Koalition ist die Bewältigung der Flüchtlingsströme Chance und Risiko zugleich. Sie kann nun beweisen, dass sie die Lage besser im Griff hat als die Vorgängerregierung. Dafür kann sie auf die überbordende Hilfsbereitschaft der Bürger setzen, die ungleich größer ist als 2015. Zum einen wohl, weil der Krieg uns allen sehr viel näher und dadurch bedrohlicher erscheint. Zum anderen, weil es diesmal nicht alleinstehende junge Männer sind, die zu uns kommen, sondern überwiegend Frauen und Kinder.
Genau darin liegt aber auch das Risiko für die Landesregierung: In den Ballungsräumen sind Kita- und Schulplätze ohnehin rar gesät, vom Lehrermangel an den Grundschulen gar nicht zu sprechen. Die Aufnahmefähigkeit des Bildungssystems in seiner derzeitigen Verfassung ist überschaubar. Das Land muss nun im Schulterschluss mit Bund und Kommunen schnell Antworten darauf geben, wie es die Situation in den Griff bekommen will. Und es muss vor allem Wüsts Versprechen von einer Unterstützung „ohne Wenn und Aber“in die Tat umsetzen.