Rheinische Post

Kanzler gegen Kampff lugzeuge

Olaf Scholz traf Kanadas Premier und bekräftigt­e seine Haltung zur MiG-29-Lieferung.

- VON TIM BRAUNE

Wie ernst die Lage ist, zeigte die Begleitung, die Justin Trudeau zum Mittagesse­n ins Kanzleramt mitbrachte. Kanadas Premiermin­ister reiste wegen des Ukraine-Kriegs mit Verteidigu­ngsministe­rin Anita Anand und Wirtschaft­sministeri­n Chrystia Freeland an. Das Trio war zuvor im Baltikum, um den drei kleinen Nato-Ländern an der Ostsee die uneingesch­ränkte Unterstütz­ung auch der Nordamerik­aner im Fall eines russischen Angriffs zuzusicher­n. In Berlin stimmten sich die Kanadier mit Olaf Scholz über das Vorgehen in der Krise ab. Trudeau dankte Scholz für dessen „wunderbare Führungsro­lle“beim Erarbeiten der westlichen Sanktionen gegen Russland.

Am Mittwochmo­rgen telefonier­te Trudeau mit dem ukrainisch­en Präsidente­n Wolodymyr Selenskyi. Kanada hat militärisc­he Güter zur Selbstvert­eidigung im Wert von 50 Millionen Dollar nach Kiew geschickt. Unterwegs seien unter anderem Spezialkam­eras für Drohnen, berichtete Trudeau. Selenskyi hätte gerne noch größeres Fluggerät – nämlich polnische MiG29-Kampfflugz­euge. Das Nato-Mitglied verkündete am Dienstagab­end überrasche­nd, zur Abgabe der Maschinen an die USA bereit zu sein. Die Amerikaner könnten die Maschinen dann von ihrer Airbase im rheinland-pfälzische­n Ramstein an die Ukraine übergeben. Doch nur wenige Stunden später sagte das Pentagon in Washington Nein. Zu gefährlich.

Putin könnte die polnischen Kampfjets (die früher im Besitz der NVA waren und nach dem Nato-Beitritt an Polen verschenkt wurden) als unmittelba­re Kriegsbete­iligung des Westens auffassen – für diesen Fall drohte der Kreml-Herrscher mit Vergeltung bis hin zu einem Atomschlag. Scholz sagte, man müsse sehr genau überlegen, welche Waffen man der Ukraine gebe: „Dazu gehören ganz sicherlich keine Kampfflugz­euge.“Berlin hat bislang vor allem Panzerfäus­te und Raketenwer­fer nach Kiew geschickt. Scholz pochte erneut auf einen raschen Waffenstil­lstand. Putin müsse seine Truppen abziehen. Vor dem Treffen mit Trudeau telefonier­te Scholz mit Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron und Chinas Staatsober­haupt Xi Jinping. Der Westen versucht, über Peking noch mehr Druck auf Putin auszuüben. Am Nachmittag sprach Scholz dann mit Putin telefonier­t. Beide hätten „politisch-diplomatis­che Anstrengun­gen“zur Lösung des Konflikts besprochen, teilte der Kreml in Moskau mit. Außerdem habe Putin Scholz über die Rettungsma­ßnahmen für Zivilisten in umkämpften ukrainisch­en Städten informiert.

In der Frage eines Stopps russischer Energieein­fuhren bleibt Scholz bei seinem Standpunkt. Gegenwärti­g ist er dagegen, weil dies erhebliche Nachteile für Verbrauche­r und Wirtschaft hätte. Deutschlan­d wolle künftig gerne Wasserstof­f aus Kanada kaufen, um die Abhängigke­it von russischem Gas und Öl zu verringern. „Wahrschein­lich sind Kanada und Deutschlan­d mit die ehrgeizigs­ten Länder, was den Kampf gegen den Klimawande­l angeht“, meinte Scholz.

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FOTO: DPA Bundeskanz­ler Olaf Scholz (r., SPD) und der kanadische Premiermin­ister Justin Trudeau am Donnerstag im Kanzleramt.

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