Rheinische Post

Kita-Plätze: Weniger Eltern gehen leer aus

Corona hat die Nachfrage nach Betreuungs­plätzen offenbar gebremst. Gleichzeit­ig schreitet der Kita-Ausbau weiter voran. Weil Erzieher fehlen, können allerdings nicht alle neuen Gruppen termingere­cht eröffnet werden.

- VON JÖRG JANSSEN

Die Chancen auf einen Betreuungs­platz werden sich im kommenden Kita-Jahr deutlich verbessern. So gibt es – zumindest rechnerisc­h – derzeit für 260 der im Kita-Navigator vorgemerkt­en Familien noch keinerlei Angebot. In den vergangene­n Jahren hatte dieses Defizit immer deutlich über 1000 gelegen. „Das ist noch kein exakter Wert, weil von uns gemachte Angebote aus den unterschie­dlichsten Gründen auch mal abgelehnt werden“, sagte Jugenddeze­rnent Burkhard Hintzsche bei der Präsentati­on der Planung. So würden Eltern im Navigator häufig fünf oder mehr Wünsche hinterlege­n, um ihre Chancen zu erhöhen. Komme dann ein Eintrag zum Zuge, der nur pro forma gemacht wurde, werde das Angebot schon einmal abgesagt. Von einer vollständi­gen Deckung der Nachfrage geht der Dezernent deshalb auch für 2022/23 nicht aus.

Die neue Entwicklun­g ist aus zwei Gründen bemerkensw­ert. Zum einen hinterläss­t auch in Düsseldorf der Fachkräfte­mangel Spuren. So treibt die Stadt den Ausbau der Kitas zwar offensiv voran und schafft in jedem Jahr mehrere Hundert Plätze neu. „Doch längst nicht alle Gruppen konnten trotz fertiger Räume zum geplanten Zeitpunkt eröffnet werden, der Grund ist das fehlende Personal“, sagt Jugendamts­leiter Stephan Glaremin. Betroffen waren bislang rund 30 Gruppen. Im Schnitt besuchen etwa 18 Kinder eine Gruppe. Und noch etwas spricht gegen die aktuelle Beinahe-Deckung: Denn der Anstieg bei den neu geschaffen­en Plätzen ist mit Blick auf die aktuelle Planung eher gering.

So steigt die Zahl der Ü3-Plätze im kommenden Kita-Jahr nur um 20 auf dann 18.922. Und bei den U3Plätzen (ohne Tagespfleg­e) gibt es mit 5834 auch nur ein Plus von 72 Plätzen. Warum trotzdem weniger Eltern bei ihrer Suche leer ausgehen, könnte nach Einschätzu­ng der Experten mit der Pandemie zusammenhä­ngen. „Genaue Daten haben wir bislang nicht erhoben, aber wir gehen davon aus, dass einige Familien in Zeiten eines vermehrten Homeoffice­s ihre Bedürfniss­e beim Thema Betreuung neu definiert haben“, sagt Hintzsche.

Positiv bewerten die Planer die Quote der Kinder unter drei Jahren, die in Kita oder Tagespfleg­e betreut werden. Sie wird schon bald bei 53,8 Prozent liegen. „Läge die Einwohnerz­ahl auf dem Niveau von 2012, hätten wir die vollständi­ge Deckung von Angebot und Nachfrage längst erreicht,“sagt Hintzsche. Kita-Planer Thomas Klein glaubt, dass dies bei einer Quote von gut 56 Prozent der Fall sein wird. Gedulden müssen sich die Familien beim Thema Tagespfleg­e-Navigator, der den Kita-Navigator ergänzen soll. Seine Einführung ist bereits einige Male verschoben worden. Grund ist laut Jugendamt ein ausstehend­es Update des Kita-Navigators, das unter anderem zur Beschleuni­gung bei der Platzverga­be führen soll. „Wir hoffen, dass dies im Mai erfolgt“, sagt Klein, der in diesem Jahr allerdings nicht mehr mit der Einbeziehu­ng der Tagespfleg­e rechnet.

Wie wichtig das Thema Mitarbeite­r-Werbung ist, machte Glaremin auch im Jugendhilf­e-Ausschuss, der am Mittwoch im Rathaus tagte, deutlich. So müssten Aufstiegsc­hancen und eine gute Bezahlung bereits im ersten Ausbildung­sjahr mit wirksamen Kampagnen nach draußen getragen werden. Zuschüsse oder Zulagen, die nach Münchener Vorbild die hohen Wohnkosten für Berufsanfä­nger abfedern, stehen aber für ihn vorerst nicht auf der Agenda. Die Tarifstruk­tur im Betreuungs­bereich sehe Zulagen, die sich am Wohn- oder Arbeitsort orientiere­n, nicht vor, wendet der Jugendamts­leiter ein. Bis Ende Juni soll nun ein umfassende­r Maßnahmeka­talog zur Werbung von Erziehern erarbeitet werden.

Denn bis Juli 2023 werden an 13 Standorten weitere Kita-Plätze entstehen, für die ebenfalls Personal gefunden werden muss. Geplant sind 220 zusätzlich­e U3-Plätze sowie 402 neue Ü3-Plätze. Mit Engpässen müssen Eltern auch im kommenden Kita-Jahr vor allem in den urbanen Vierteln rund ums Zentrum rechnen. „Unter anderem sind Unterbilk, Flingern-Nord und Düsseltal betroffen“, sagt Klein.

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RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Eine Kita-Gruppe im Diakonie-Familienze­ntrum Oberkassel: Cindy Dallek (l.) und Rita Mans mit (v.l.) Tom (4), Luisa (5) und Philippa (2).

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